Hans Dieter Huber

Im Dschungel der Kompetenzen


First Installation: 18.12.2004 Last Update: 18.12.2004


erschienen in: Hans Dieter Huber, Bettina Lockemann, Michael Scheibel: Visuelle Netze. Wissenräume in der Kunst. Ostfildern-Ruit: HatjeCantz Verlag 2004, S. 31-38

Erste Annäherung

Der Begriff der Kompetenz hat in den letzten zehn Jahren einen enormen Aufschwung erlebt. Im Zusammenhang mit zahlreichen Kopplungen wie Kompetenzteam, Kompetenzzentrum, Schlüsselkompetenz, Medienkompetenz oder Kompetenz-Management ist er insbesondere in Fragen der Gesellschafts- und Bildungsreform verstärkt Anwendung gefunden. Trotzdem sind die grundsätzlichen Altlasten dieses Konzeptes nicht beseitigt worden.

Man kann die Mode dieses Begriffes an den Erscheinungszahlen von Buchtiteln sehr gut erkennen. Die Deutsche Bibliothek Frankfurt verzeichnet seit 1945 insgesamt 716 Buchtitel, die den Begriff Kompetenz enthalten. Davon sind 74,8% seit 1990 erschienen; davon wiederum 70,5% in den letzten 7 Jahren.1 Während im Jahr 1990 13 Titel mit dem Titelstichwort „Kompetenz" erschienen sind, waren es im Jahr 2000 schon 68 und 2001 66 Titel. Die Tendenz ist also in jüngster Zeit stark steigend. Wie kommt es zu so einer Mode des Begriffes? Normalerweise kann man davon ausgehen, dass es sich um einen Begriff oder ein Konzept handelt, dessen Gebrauch in der Gesellschaft nicht mehr selbstverständlich ist.

Über etwas Selbstverständliches muss man eigentlich nicht reden - und auch nicht schreiben. Denn es ist von selbst verständlich. Wenn also über etwas Selbstverständliches eine intensive Diskussion einsetzt, dann kann man fast sicher sein, dass nur noch wenig bzw. gar nichts mehr davon selbstverständlich ist. Bei einer so hohen Zahl von Publikationen zum Thema Kompetenz muss man davon ausgehen, dass wir es seit etwa zehn Jahren mit einer massiven Krise der Kompetenz und mit dem massiven Auftreten von Inkompetenzen zu tun haben.

Wie kommt es zu einer solchen Mode des Begriffes? Normalerweise kann man davon ausgehen, dass es sich um einen Begriff oder ein Konzept handelt, dessen Gebrauch in der Gesellschaft nicht mehr selbstverständlich ist. Man könnte von daher eine negative, allgemeine Ausschlussthese formulieren, dass überall da, wo bestimmte Begriffe „heiße" Begriffe werden, das heißt, einer verstärkten gesellschaftlichen Diskussion unterliegen, diese Begriffe in eine evolutionäre Krise, eine Begriffskrise, geraten sind. Ihr Gehalt ist nicht mehr selbstverständlich, so dass man verstärkt über seine Bedeutung, seine Funktion, seinen gesellschaftlichen Stellenwert diskutieren muss. In einer diskursiven Krise wird eine erhöhte Variationsbreite des „kritischen" Konzeptes diskursiv verhandelt, aus der dann wiederum einige wenige, Erfolg versprechende Varianten positiv vom System selegiert werden und auf diese Weise zu einer erneuten Restabilisierung der Situation auf einem neuen, diskursiven Niveau führen würde. Das wäre eine mögliche Erklärung für diesen evolutionären Mechanismus einer erhöhten Kritikalität von Begriffen und Konzepten in unserer Gesellschaft. Im Umkehrschluss heißt das, wo eine verstärkte Rede von Kompetenz sich ereignet, haben wir es mit einem verstärkten Auftreten von Inkompetenz zu tun. Kompetenz ist nicht mehr selbstverständlich. Deshalb muss sie theoretisch-diskursiv erfasst, diskutiert, zerlegt, analysiert und neu erfunden werden. Ähnlich wie bei der zunehmenden Kritikalität des Wissensbegriffes haben wir es dort mit der realen Zunahme von Unwissenheit und künstlicher Dummheit statt künstlicher Intelligenz und Verdacht statt Erkenntnis zu tun. Dietmar Kamper hat einmal in diesem Zusammenhang von Kompetenz als einem Kompensationsbegriff gesprochen:

„Ich hatte es beiläufig schon angedeutet, daß ich diese Debatte, als sie Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre im Gang kam, als eine im wesentlichen kompensierende Debatte betrachtet habe. Daß der reale Verlust an Kompetenz in der Gesellschaft in den Theorien zu einer Stilisierung von zugeschriebener Kompetenz führte und in der Theorie noch einmal zu einem Nachleben von Subjektivität, Handlungsfähigkeit, Gefühlssouveränität oder was auch immer man sonst damit verbunden hat. Wenn man da einsteigt, dann ist das natürlich eine Frage der Grundeinschätzung, ob man das für die heutige Zeit noch beanspruchen kann. Wir haben dann danach soviel vom Verlust dieser Grundkompetenzen in den sozialen Verhältnissen gehandelt, bis zum Verschwinden dieses Subjekts, bis zur Auflösung der Identität und der damit konnotierten Fähigkeiten, daß es mir etwas schwer fällt, das für jetzt noch einmal zu reformulieren. Es heißt aber zugleich, daß in dem Versuch einer Historischen Anthropologie der Einsätze der menschlichen Fähigkeiten notwendigerweise auch von den Unfähigkeiten oder von den zunehmenden Unfähigkeiten gesprochen werden muß"..2

Die Äußerung Kampers stellt eine Herausforderung dar. Insbesondere sein Einwand der Stilisierung zugeschriebener Kompetenz in der Theorie und dem Nachleben von Subjektivität leuchtet ein.

Zur Begriffsgeschichte von Kompetenz 3

Der lateinische Begriff competentia stammt von dem Verb competere ab. Er bedeutet zusammentreffen, etwas gemeinsam erstreben, gesetzlich erfordern, aber auch zukommen, zustehen. Im klassischen Latein wurde das Substantiv „competentia" offensichtlich im Sinne von „Zusammentreffen" oder „Übereinstimmung" gebraucht.4 Die römischen Rechtsgelehrten gebrauchten offensichtlich nur das Adjektiv competens im Sinne von zuständig, befugt, rechtmäßig, ordentlich. Bereits im römischen Recht hatte sich das beneficium competentiae als ein Instrument etabliert, dem Schuldner nur soviel Geld abzunehmen, dass ihm das Existenzminimum zum Lebensunterhalt gewährt bleibt. Bis heute ist das beneficium competentiae in der Rechtsprechung die Einrede des Notbedarfs gegenüber Verurteilung und Vollstreckung. DuCange führt in seinem Glossarium mediae et infimae latinitatis einige Beispiele der Verwendung dieses Begriffes im Hochmittelalter an. Er zitiert einen Bischof Godefridus de Fontanis, der von einem beneficium competentiae spricht, das einem Kaplan zustünde. Seit dem 13. Jahrhundert bezeichnet competentia daher die jemandem zustehenden Einkünfte, den notwendigen Lebensunterhalt, insbesondere den Notbedarf der Kleriker.

In späterer Zeit sind verschiedene Wörterbücher und Lexika für die Weiterentwicklung der Bedeutungsgeschichte dieses Begriffes nicht ohne Relevanz. Denn man kann die kulturgeschichtliche These formulieren, dass sich in den Wörterbüchern und Lexika einer bestimmten Zeit der jeweilige Bedeutungsgehalt gesprochener Sprache in einem schriftlichen Medium auskristallisiert. Die ältere deutsche Begriffsgeschichte des 15. Jahrhunderts, die von competere und competentia ausgeht, umkreist die Bedeutungen des Gebührenden, der Genügsamkeit und des Auskommens. So wird als competens eine Person bezeichnet, die sich angemessen (bequemlich) und gebührlich verhält in der Furcht gegen Gott oder seinen Nächsten.5 Eine competens solutio ist eine bequemliche Vergeltung, also eine annehmbare Lösung, wie wir heute sagen würden. In dem anonymen Vocabularium ex quo aus dem Jahre 1472 heißt zu dem Wort competere:

Conpete[re] .i. co[n]u[e]ni[r]e co[n]grue[re] [e]t bequeme syne6

In heutiges Deutsch übersetzt meint die Zeile sinngemäß folgendes:

Competere: zusammenkommen, übereinkommen, sich einigen, zusammenlaufen, zusammenfallen, zutreffen, zustimmen, übereinstimmen und passen.

Am Ende des 16. Jahrhunderts taucht in den Wörterbüchern hingegen immer wieder der Aspekt des Mitbewerbers um ein und dieselbe Sache auf; wie z.B. bei Petrus Dasypodius:

Competentes, g.m.pl., Die eyne Jungfrauen zugleich/ zur ehe begeren

Oder ein

Competitor, g.m. eyn Mitbitter/ der zugleich umb das bittet darumb ich bitte.

Der Aspekt des Begehrens taucht auch im Wörterbuch von Johannes Frisius aus dem Jahre 1556 auf, wo es heißt:

Competo, competis, competiui, competitum, competere. Plin.iun. Begären das auch ein anderer begärt. Competentia, competentiae, foe.g. Gell. Geschickligkeit vnd füg. Competens, competentis, Adiectiuum. Vlpian, Ordentlich vnd füglich. Competitor, competitoris, m.g. Verbale. Cic. Mitwärber7

Hier kristallisiert sich allmählich das Begriffsfeld des sich gebührlich Betragens, des Fügsamen, des Ordentlichen, aber auch des Begehrens heraus. Eine kompetente Person wäre im 16. Jahrhundert eine Person, die geschickt, ordentlich, fügsam ist, sich gebührlich benimmt, aber auch im Wettbewerb mit anderen steht, welche um dieselbe Sache streiten. Der Aspekt des Wettbewerbes und der Konkurrenz taucht also in dieser Zeit in der Sprache ebenso auf wie auf dem sich langsam etablierenden Kunstmarkt. Er deutet auf eine sich verändernde gesellschaftliche Situation hin.

In John Florios "A Worlde of Wordes", dem ersten italienisch-englischen Wörterbuch aus dem Jahre 1598, heißt es in der ersten Auflage:

Competentia: a competencie, sufficiencie, or conueniencie8

In der zweiten Ausgabe, die unter dem Titel Queen Anna's New world of words 1611, erschienen ist, liest man dagegen:

Competentia: competencie, conuenienci. Also a contending with one another for one same thing.9

Hier taucht, an der Wende zum 17. Jahrhundert, der Aspekt des Wettstreitens, des sich Bemühens um Meisterschaft, explizit in der Bedeutung des Wortes auf, z.B. in der Umschreibung der Verbbedeutung:

Competere, ..., to contend or striue with another for maistrie.10

Handelt es sich hier nun um eine neue Wortbedeutung, die am Ende des 16., Beginn des 17. Jahrhunderts entstanden ist? Aus dem alten, lateinischen competere entsteht offensichtlich der Aspekt des Wettstreites, der Wettbewerbes um ein und dasselbe Ding oder ein und dieselbe Stelle, in dem Sinne, wer der bessere Bewerber ist.

In Johann Heinrich Zedlers Universallexikon aus dem Jahre 1735 werden die Begriffe Competentia und Competenz bereits mit der heutigen Wortbedeutung in Zusammenhang gebracht. Dort heißt es:

Competentia, die Competenz, Bequemlichkeit, Füglichkeit, Zugehörung, Item die rechtmäßige Gewalt des Richters, das Befügniß, Anspruch, Item die Mitwerbung wegen einer Stelle..11

Man erkennt sehr gut, wie Zedler die sprachlichen Bedeutungsfelder des Begriffes der vergangenen Jahrhunderte zusammenfasst. Auch hier schwingt noch der Gedanke der Konkurrenz und des Wettbewerbes mit, der in späteren Lexika-Einträgen zugunsten des Rechtsanspruches und der Zuständigkeit von Richtern und Gerichten immer weiter verschwindet. Bereits wenige Jahre später, in der Encyclopédie von Diderot und D'Alembert aus dem Jahre 1753 werden unter dem Stichwort „Compétence" nur noch juristische Bedeutungsvarianten diskutiert.12 Der Hinweis auf den Aspekt der Konkurrenz und des Mitbewerbers fehlt völlig.

Etwa seit der Mitte des 18. Jahrhunderts sind Kompetenz, Kompetenzstreit und Kompetenzkonflikt mit der Ausdifferenzierung einer modernen, arbeitsteiligen und funktionalen Gesellschaftsorganisation verbunden.13 Der Kompetenzbegriff wurde in der Folge der Völkerschlacht von Leipzig und der Entstehung der europäischen Nationalstaaten seit etwa 1817 nun auch im Sinne von Rechten und Pflichten eines Staatsorgans im Deutschen Bundesstaatsrecht verwendet.14 Im Staatsrecht bedeutet ‚Kompetenz' daher die Zuständigkeit oberster Staatsorgane und nachgeordneter Behörden, Anstalten und Körperschaften bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben und der Ausübung hoheitlicher Befugnisse. Verwaltungsrechtlich beschreibt der Kompetenzbegriff die Bindung einer Behörde an ihre Funktion und die Beziehungen der Behörden untereinander.15

Interessant ist auch die Frage, wann und in welchen Bedeutungsvarianten der Begriff „Kompetenz" in die mit hoher Auflage verlegten Universallexika einwandert. Denn spätestens ab diesem Zeitpunkt kann man behaupten, dass sie allgemeiner Sprachgebrauch geworden sind. In den ersten beiden Auflagen (1796-1809) und 1809 taucht der Begriff noch nicht auf. Sein erster Eintrag findet sich bezeichnenderweise in einem Supplementband des Conversations-Lexicon, welcher 1809 in Amsterdam und 1811 in Leipzig erschienen ist. Die Logik leuchtet ein. Man hat erkannt, dass Competent nun ein wichtiger Schlüsselbegriff geworden ist, aber man hat es versäumt, ihn im zweiten Band des Conversationslexikons von 1809 anzuführen. Deshalb nutzt man die Möglichkeit, den Begriff in einem Nachtragsband anzuführen. Dort heißt es:

Competent (a.d.Lat.) heißt überhaupt, was einem zukommt, einem gehört - rechtmäßig; daher sagt man: ein competenter Richter über etwas, d.h. ein solcher, dem es vermöge seiner Einsichten und Kenntnisse zukommt, über eine Sache zu urtheilen; daher auch die Competenz, die Befugniß zu etwas.16

Interessant ist hier, dass in der ersten lexikalischen Definition des 19. Jahrhunderts der Begriff als ein Urteilsbegriff aufgefasst wird, in dem eine bestimmte Person wie z.B. ein Richter, aufgrund seiner Einsichten und Kenntnisse über eine Sache urteilt. In den späteren Ausgaben des Conversations-Lexicon oder Hand-Wörterbuch für die gebildeten Stände taucht dieser Hinweis auf das Urteilen nicht mehr auf, sondern bis etwa 1819 nur noch der Begriff Competenz-Recht.17 Erst in den Supplementen zum Conversations-Lexicon aus dem Jahre 1819 tritt dann der Begriff Kompetenz in der bekannten, auf die Rechtsprechung eingeengten, Variante auf:

Competenz eines Gerichts oder Richters ist die Befugniß desselben, eine Person oder Sache vor seinen Richterstuhl zu ziehn. Wo diese Befugniß nicht Statt findet, kann Einrede gegen das Verfahren erhoben werden, welches dadurch nichtig wird.18

In der sechsten Auflage von 1824 findet sich zur üblichen Definition des Kompetenzrechts zum ersten Mal folgende Ergänzung, die in späteren Auflagen in komprimierter Form weiter getragen wird:

Auch versteht man zuweilen unter Competenz die jährlichen Geldsummen, welche nachgeborne Prinzen aus den Einkünften des Landes, oder nachgeborne Söhne adeliger Personen aus dem Ertrage der Lehngüter ihrer Familien erhalten.19

Hier wird der Aspekt, dass einer Person bestimmte Einkünfte zustehen, mit dem Begriff der Kompetenz ausgedrückt. In der deutschen Militärsprache des 19. Jahrhunderts bezeichnete Kompetenz nach den Angaben des Handbuch für Heer und Flotte. Enzyklopädie der Kriegswissenschaften und verwandter Gebiete aus dem Jahre 1912, dasjenige, was Angehörigen oder Teilen des Heeres und der Marine an Geld, Unterkunft, Naturalien, Bekleidung, usw. gewährt werden musste. So wurden die verschiedenen Kompetenzen im Haushalt des Heeres in Lohn-Kompetenz, Feld-Kompetenz und Marsch-Kompetenz unterschieden.20

Von dieser juristisch-militärischen Begriffsgeschichte finden sich, insbesondere nach 1945, drei Ableitungen in der Immunologie, der Motivationspsychologie und der Kommunikationswissenschaft. So versteht man etwa in der Biologie unter Kompetenz die Fähigkeit eines tierischen oder pflanzlichen Organismus, eine bestimmte Entwicklungsreaktion einzuleiten. In der Immunologie beschreibt der Begriff die Fähigkeit bestimmter Zellen des lymphatischen Systems, auf Kontakt mit Antigenen mit der Entwicklung immunologischer Fähigkeiten zu antworten. Hier wird also Kompetenz im Sinne einer latent vorhandenen Fähigkeit verwendet, zu deren Ausprägung oder Entwicklung es entsprechender, auslösender Situationen bedarf.

In die Motivationspsychologie wurde der Kompetenzbegriff 1959 von R.W. White eingeführt. Dort bezeichnet das Konzept Ergebnisse von Entwicklungen grundlegender Fähigkeiten, die weder genetisch angeboren noch das Produkt von Reifungsprozessen sind, sondern vom Individuum selbst hervorgebracht wurden. Das Motiv der optimalen Anpassung an die jeweilige Umgebung und der Wunsch nach Kontrolle über die Umwelt begünstigen die Entwicklung und Ausbildung von Kompetenzen.21 Kompetenz im Sinne von White ist eine Form von Performativität, die das Individuum aufgrund intrinsisch, d.h. zweckfrei oder von selbst motivierter Interaktionen, mit seiner Umwelt herausbildet.

In der Kommunikationswissenschaft ist Kompetenz vor allem durch John Austin und Noam Chomsky Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre zusammen mit dem Pendantbegriff der Performanz in die linguistische Terminologie der Sprechakttheorie eingeführt worden. Kompetenz bezeichnet die Fähigkeit von Sprechern und Hörern, mit Hilfe eines begrenzten Inventars von Kombinationsregeln und Grundelementen potentiell unendlich viele (auch neue, noch nie gehörte) Sätze bilden und verstehen zu können.22 Sie beschreibt die Fähigkeit, einer potentiell unendlichen Menge von Ausdruckselementen eine ebenso potentiell unendliche Menge von Bedeutungen zuzuordnen. Chomsky stützt sich hierbei u.a. auf Wilhelm von Humboldts Schrift Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues von 1836.23 Kompetenz im Sinne Chomskys ist die Kenntnis der Sprache, über die Sprecher und Hörer intuitiv verfügen, über die sie aber nur in seltensten Fällen explizit Rechenschaft ablegen können.24

Der gegenwärtige Sprachgebrauch von Kompetenz 25

Aufgrund der Aktualität des Begriffes ist es daher notwendig, die Begriffsgeschichte bis in die Gegenwart zu verlängern. Dabei fällt auf, dass im heutigen Sprachgebrauch Kompetenz vielfach mit einem Adjektiv oder einem Suffix näher spezifiziert wird, welche Art von Kompetenz gemeint ist. Kompetenz wird meist im Sinne einer besonderen Fähigkeit verstanden, die man erlernen kann, wie bei kommunikativer Kompetenz, Medienkompetenz, Sprachkompetenz, sozialer Kompetenz, usw. In der gegenwärtigen Debatte ist Kompetenz also ein Begriff, der Erlerntes oder Erlernbares meint, dessen Besitz als eine Form von Wissen oder Können eine Person in besonderer Weise auszeichnet. Dies deutet darauf hin, dass es keinen allgemeinen Einheitsbegriff der Kompetenz mehr gibt, sondern nur noch verschiedene Partikularbegriffe. Sie bezeichnen verschiedene Aspekte von Kompetenz, ohne die logischen oder hierarchischen Beziehung genauer zu klären, in denen sie möglicherweise zu anderen Kompetenzen stehen.

Der Begriff der Kompetenz findet sich in der gegenwärtigen Diskussion meist im Zusammenhang mit Fähigkeiten und Fertigkeiten, die zum Beispiel von Bewerbern in Stellenanzeigen oder in Berufsbeschreibungen erwartet werden. Der Erwerb von Kompetenzen wird mit Lernen und Erfolg gleichgesetzt. Kompetenz wird dabei als eine Art Maßstab oder Kriterium genutzt, um Personen zu vergleichen, zu bewerten oder auszuwählen. Sie funktioniert als eine binäre Codierung, mit der eine Menge Menschen in fähige oder unfähige, kompetente oder inkompetente unterscheiden werden.

Die Suche nach Kompetenz-Begriffen im Internet verdeutlicht die Bandbreite der Gebrauchsweisen des Kompetenzbegriffs. Gefunden werden bekannte oder als bekannt vorausgesetzte Kompetenzen wie Soziale Kompetenz, Medienkompetenz und interkulturelle Kompetenz; aber auch Kompetenzen wie Technik-Kompetenz, Sprachkompetenz, Team-Kompetenz und Common-Sense-Kompetenz.26 Ungewöhnlichere Funde sind Kompetenzen wie die Selbst-Kompetenz oder die Small-Talk-Kompetenz27, die ebenfalls in den Tiefen des Internet zu finden sind. Auffallend ist, dass es für die verschiedensten Kompetenzen keine allgemein gültigen und akzeptierten Definitionen gibt, weder in der wissenschaftlichen Literatur noch im Alltagsgebrauch. Meistens werden mit Kompetenzen Fähigkeiten, Einstellungen, Charaktereigenschaften oder Verhaltensweisen, Wissen und Können beschrieben, also sowohl innere Haltungen als auch äußeres, beobachtbares Verhalten. Kompetenzen werden dabei immer Personen oder Firmen zugeschrieben, nie aber Maschinen oder Dingen.

Im Folgenden sollen verschiedene Definitionsversuche und Beschreibungen zur Sozialen Kompetenz, zur Kommunikativen Kompetenz und zur Interkulturellen Kompetenz zusammengetragen werden, um daran die Schwierigkeiten der einzelnen Kompetenz-Definitionen und einer klaren Abgrenzung der Definitionen voneinander zu verdeutlichen. Auffallend an Definitionsversuchen und Beschreibungen von Kompetenzen ist die häufige angewandte Einteilung in Ober- und Unterbegriffe sowie die Erweiterung von Kompetenzen für Spezialfälle, wie es bei der interkulturellen kommunikativen Kompetenz besonders deutlich zu sehen sein wird.

Soziale Kompetenz

Zur Sozialkompetenz findet sich z.B. die folgende Beschreibung:

Unter dem Oberbegriff Sozialkompetenz lassen sich neuerdings häufig gebrauchte Begriffe, wie kommunikative Kompetenz (Fähigkeit zur verbalen und nonverbalen Verständigung in allen sozialen Situationen) oder Sprachkompetenz (Fähigkeit der Einfühlung in die Sprache und deren Anwendung) einordnen.

Im Duden wird Sozialkompetenz beschrieben als „das Ausmaß, in dem ein Individuum durch Begabung, Ausbildung und Lebensgeschichte fähig ist, in seiner sozialen Umwelt selbständig zu handeln". Der Begriff bezieht sich dabei „nicht nur auf das Funktionieren des Individuums, sondern ebenso auf die situativen Anforderungen, auf die Problemsituation, die es zu bewältigen gilt" und meint damit auch „das komplexe Gefüge von Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsfertigkeiten, die durch die Notwendigkeit sozialen Zusammenlebens bestimmt werden."28

Schon hier wird deutlich, dass einzelne Kompetenzen schwer voneinander abzugrenzen sind, da unter einen Oberbegriff von sozialer Kompetenz, weitere Unterkompetenzen subsumiert werden. Am Beispiel der sozialen Kompetenz sind dies unter anderem kommunikative Kompetenz, Sprachkompetenz und Handlungskompetenz. Die bereits genannten Fertigkeiten werden von Pfingsten und Hinsch ergänzt durch die

Verfügbarkeit und Anwendung von kognitiven, emotionalen und motorischen Verhaltensweisen, die in bestimmten sozialen Situationen zu einem langfristig günstigen Verhältnis von positiven und negativen Konsequenzen führen.29

Sozial kompetentes Verhalten bezieht sich dabei „auf ein Set von Verhaltensweisen, das im Umgang mit Interaktionspartnern für alle an der Interaktion Beteiligten als vorteilhaft beschrieben werden kann."30 Je nach Zielgruppe und Beschreibungshintergrund wird Soziale Kompetenz jedoch sehr verschieden definiert:

„Neben allgemeinen Kommunikationsfertigkeiten umfasst „soziale Kompetenz" verschiedene Qualitäten der Beziehungsgestaltung. So geht es um das Äußern von Vorstellungen gegenüber anderen Personen."31

Bezogen auf depressive Personen versteht man unter Sozialer Kompetenz

die Fähigkeit dieser Person, ihre alltäglichen Beziehungen zu anderen Personen (...) so zu gestalten, dass sie ein hohes Maß an angenehmen und positiven Konsequenzen erfahren. Dazu gehört, dass eigene Wünsche und Ansprüche wahrgenommen und verwirklicht werden bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Wünschen und Ansprüchen der Sozialpartner, gesellschaftlicher Normen etc. „Soziale Kompetenz" definiert somit die Fähigkeit, einen Kompromiß zwischen Selbstverwirklichung und sozialer Anpassung zu finden.32

Nach einer Definition von Hesse und Schrader versteht man unter Sozialer Kompetenz

das Ausmaß, in dem ein Mensch in der Interaktion mit anderen im privaten, beruflichen und gesamtgesellschaftlichen Kontext selbständig, umsichtig und konstruktiv zu handeln vermag. Es geht um die Fähigkeit, zwischenmenschliche Kommunikation und Interaktion optimal zu gestalten.33

Dazu werden bestimmte Schlüsselqualifikationen wie Sensibilität, Einfühlungsvermögen, Kontaktfähigkeit, Kooperationsfähigkeit, Integrationsvermögen, Informationsbereitschaft und Selbstkontrolle benötigt.

Kommunikative Kompetenz

Nach der Durchsicht von Definitionsversuchen zur kommunikativen Kompetenz kann man folgende, häufig genannte, Definitionselemente oder geforderte Fähig- und Fertigkeiten zusammenfassen:

- adäquater Einsatz grammatikalischer, diskursiver, kultureller und strategischer Mittel

- Möglichkeit, sich die Wirklichkeit anzueignen

- sprachliche Ausdrucksfähigkeit (schriftlich und mündlich)

- Dialogfähigkeit eines Individuums

- zutreffende Einschätzung der Kommunikationssituation und des Verhältnisses, das die Kommunikationspartner zueinander haben

Die interkulturelle Kompetenz „umfasst die Fähigkeiten, die von Kommunikationspartnern als Sprecher und Hörer - in einem erweiterten Verständnis auch als Leser und Schreiber - erwartet werden, um Interaktion sprachlich, inhaltlich und situativ zu bewältigen, d.h. neben sprachliche und inhaltliche Korrektheit tritt soziale und situative Angemessenheit, die durch Kenntnis und Berücksichtigung soziokultureller Konventionen und Einbeziehung von Inhalts- wie Beziehungsebene in unterschiedlichen Sprechsituationen gewonnen wird."34

Der Erwerb kommunikativer Kompetenz

ermöglicht sprachliches Handeln in sozialen Kontexten und umfasst neben Sprachfertigkeiten Fähigkeiten auf Inhalts- und Beziehungsebene, in denen soziales Wissen (Alltagswissen) eine wichtige Rolle spielt.35

Davon abzugrenzen ist die linguistische Kompetenz, die darin besteht „zu wissen, welche sprachlichen Mittel man für diesen Zweck der Verständigung einsetzt."36

Und wieder wird eine Kompetenz unter einen Oberbegriff eingeordnet. Die kommunikative Kompetenz wird unter den Oberbegriff der Selbstlernkompetenz subsumiert. Es liegt die Vermutung nahe, dass von verschiedenen Autoren neue Kompetenz-Begriffe aufgestellt werden, unter die dann die dazu benötigten Unterbegriffe eingeordnet werden. Damit wird die Nennung und Aufzählung der erwünschten Fähigkeiten vereinfacht, aber auch Platz für individuelle Auslegungen geschaffen.

Die kommunikative Kompetenz wird unter anderem als Teil der Selbstlernkompetenz gesehen. Ohne Austausch mit anderen, verbalen und nonverbalen Informationen, kann der Lernprozess nicht vorangebracht werden. Ein Selbstlernprojekt der Universität Magdeburg hat festgestellt, „dass die Transparenz der Kommunikationswege, und damit der kompetente Umgang mit verbaler und nonverbaler Kommunikation für Lernprozesse ausschlaggebend ist."37

Des Weiteren wird die kommunikative Kompetenz aber auch in enger Verzahnung mit der Handlungskompetenz gesehen, so ist beispielsweise als Voraussetzung zur Dialogfähigkeit - als einem notwendigen Aspekt für selbstgesteuertes Lernen - ein konstruktiver Umgang mit Konflikten (Bereich der Sozialkompetenz) erforderlich."38 Dabei zeichnet sich kompetentes Verhalten dadurch aus, „daß eine soziale Situation richtig eingeschätzt wird und folgerichtig gehandelt wird. Folgerichtig Handeln bedeutet Handeln im Hinblick auf die langfristigen Konsequenzen."39

Den konstruktiven Umgang mit Konflikten könnte man an dieser Stelle „Konflikt-Löse-Kompetenz" nennen und unter diesen Begriff weitere Kompetenzen wie z.B. die kommunikative Kompetenz einordnen. Eine im Internet gefundene Definition der Konflikt-Kompetenz beinhaltet Elemente der sozialen Kompetenz, aber auch Elemente der kommunikativen Kompetenz.40

Medienkompetenz

Als eine Erweiterung der kommunikativen Kompetenz wird unter anderem die Medienkompetenz gesehen. Sie bezeichnet prinzipiell die Fähigkeiten des Individuums und von Gruppen, sich gezielt, informativ, emanzipativ, selbstbestimmend und gestalterisch kreativ mit den Medien, ihrem Einsatz, ihrer Wirkung, ihrer Nutzung und ihrem Nutzwert für den Menschen zu beschäftigen und daraus Handlungsschemata für persönliches und gesellschaftliches Verhalten zu gewinnen. Medienkompetenz ist damit rein formal eine "Untermenge" der kommunikativen Kompetenz im Sinne von Dieter Baacke.41 Dieter Baacke geht in seinem Aufsatz von der These aus, dass Medienkompetenz eine moderne Ausfaltung der kommunikativen Kompetenz sei. Das heißt, der Mensch verfügt aufgrund seiner sprachlichen Fähigkeit und anderer Ausdrucksgebären über eine natürliche kommunikative Kompetenz, die es ihm erlaubt, sich die Wirklichkeit anzueignen und sie entsprechend zu gestalten. 42 Man muss jedoch ergänzend anführen, dass diese natürliche kommunikative Kompetenz angesichts der Komplexität der heutigen Mediensysteme eine bewusste, kritische Schulung und Ausbildung benötigt.

Interkulturelle Kompetenz

Als besonders deutliches Beispiel für Definitionsprobleme soll nun als dritte Kompetenz die Interkulturelle Kompetenz angeführt werden. Unter Interkultureller Kompetenz wird meist ein Set von Fähigkeiten verstanden, die es einer Person ermöglichen, in einer kulturellen Überschneidungssituation unabhängig, kultursensibel und wirkungsvoll zu handeln.43 Interkulturelle Kompetenz ist keine vollkommen neuartige Qualifikation oder Fähigkeit, sondern eine Kombination sozialer, kognitiver und kommunikativer Kompetenzen, gepaart mit einem bestimmten Wissen und einer bestimmten Reflexionskompetenz über die eigene und die jeweils betroffene(n) Partnerkultur(en).44 Hier wird plötzlich von sozialen und kommunikativen Kompetenzen im Plural gesprochen.

Das Thema Interkulturelle Kompetenz gewann in den letzten Jahren, vor allem im Zusammenhang mit internationalen Kontakten und der Globalisierung, stark an Bedeutung. Grundvoraussetzungen sind Sensibilität und Selbstvertrauen: das Verständnis anderer Verhaltensweisen und Denkmuster, sowie die Fähigkeit, den eigenen Standpunkt transparent zu vermitteln, verstanden und respektiert zu werden.45 Dazu ist wiederum die Fähigkeit zur zwischenmenschlichen Kommunikation und Interaktion vorausgesetzt, wie sie als Bestandteile der sozialen Kompetenz beschrieben wird. Nur kommt an dieser Stelle die interkulturelle Komponente hinzu, also Kommunikations-, Handlungs- und insbesondere auch Konfliktlösungsfähigkeiten in sogenannten kulturellen Überschneidungssituationen.46

Ergebnis der Interkulturellen Kompetenz auf wirtschaftlicher Ebene ist die Steigerung der Effizienz der Zusammenarbeit, sowie erhöhte Sensibilität im Umgang mit ausländischen Geschäftspartnern.47 Interkulturelle Kompetenz wird als eine Kompetenz-Erweiterung gesehen. Zum einen wird sie als Erweiterung der sozialen Kompetenz begriffen. Sie soll dazu befähigen, „adäquater, eventuell auch effizienter, in als interkulturell wahrgenommenen Situationen zu agieren."48 Zum anderen gilt sie als Erweiterung der kommunikativen Kompetenz in dem Sinne, dass Kommunikation grundlegend für jede Gesellschaft ist und dementsprechend zunächst die „kommunikative Kompetenz als wesentliche und unverzichtbare Größe zur erfolgreichen Teilnahme am privaten und öffentlichen Leben" gilt. Der Begriff der sozialen Kompetenz wird dabei als Oberbegriff angesehen, unter den weitere Kompetenzen untergeordnet werden können, wobei der Teilbereich der kommunikativen Kompetenz wiederum als Grundlage für die Interkulturelle Kompetenz gesehen wird.

Synonym zum Begriff der Interkulturellen Kompetenz wird häufig der Begriff der Interkulturellen kommunikativen Kompetenz" benutzt. Sigrid Luchtenberg spricht an dieser Stelle beispielsweise von einer Konkurrenz der beiden Begriffe:

Es hat sich ergeben, dass der Begriff zunehmend in Konkurrenz zu dem Begriff der interkulturellen Kompetenz gerät, der über den kommunikativen Aspekt hinaus die Befähigung zum Miteinanderleben in den Mittelpunkt stellt. Interkulturelle Kompetenzen (...) werden nicht in erster Linie als kommunikative Kompetenzen verstanden, sondern vor allem als soziale.49

Interkulturelle kommunikative Kompetenz erweitert den seit langem etablierten Begriff der kommunikativen Kompetenz - also über semantisch-strukturelle Kenntnisse hinausgehende Fähigkeiten sozialer und situativer Angemessenheit, die zum Kommunizieren nötig sind - auf Kommunikationssituationen, in denen die Gesprächspartner aufgrund ihrer Sozialisation in einem anderen Land einen unterschiedlichen kulturellen Hintergrund haben, der in den meisten Fällen auch mit unterschiedlichen Muttersprachen verbunden ist.50

Interkulturelle kommunikative Kompetenz ist nach William Gudykunst aus allgemeinen kommunikativen Fertigkeiten zusammengesetzt, die ergänzt werden durch kulturübergreifendes und kulturspezifisches Wissen. Sprachliche Kenntnisse werden dabei erwähnt, aber nicht in den Vordergrund gestellt. Gudykunst setzt dabei den Begriff der interkulturellen Kompetenz synonym zum Begriff der interkulturellen kommunikativen Kompetenz ein.51

Wolfgang Hinz-Rommel dagegen stellt den Handlungsaspekt der Kommunikation in den Vordergrund. Er gebraucht abwechselnd die Begriffe interkulturelle Handlungskompetenz und interkulturelle Kompetenz.52

Sigrid Luchtenberg stellt die Kommunikationsstörung und ihre Reparation in den Mittelpunkt eines Konzeptes interkultureller kommunikativer Kompetenz. Sie weist auf die tendenzielle Kongruenz von allgemeiner kommunikativer und interkulturell kommunikativer Kompetenz und auf die Nähe zum Handlungsbegriff hin, da es sich um konfliktvermeidende beziehungsweise konfliktabwehrende, reparative Fähigkeiten handelt.53

Schwierigkeiten der Definition und Abgrenzung der Definitionen

Die Auseinandersetzung mit Kompetenzbegriffen führt zur Schlussfolgerung, dass es sich hierbei häufig weniger um theoretisch abgeleitete und empirisch bestätigte Begriffe, als um ad-hoc Begriffe handelt, deren Komponenten ineinander übergehen und kaum klar abzugrenzen sind. Zum Teil scheint es einfacher zu sein, statt einer langen Beschreibung eine Kompetenz zu benennen, die schon im ihrem Begriff (der zum Teil je nach Bedarf auslegbar erscheint) erwartete oder gebotene Fähigkeiten und Eigenschaften zusammenfasst.

Die Verflechtung der einzelnen Kompetenzen miteinander wird deutlich, wenn man Aussagen zu den drei Kompetenzen zusammenfasst. Als eine Komponente der sozialen Kompetenz wird die kommunikative Kompetenz aufgefasst, an die wiederum der Begriff der interkulturellen (kommunikativen) Kompetenz anknüpft. Die heute häufig genannte Medienkompeten ist wiederum eine moderne Form der kommunikativen Kompetenz, erweitert um eine Kompetenz, die man eventuell Technik-Kompetenz nennen kann. Auch Kompetenzen, wie die im Internet entdeckte Small-Talk-Kompetenz, für die, wie zu erwarten, keine Definition zu finden ist, setzen sich genau betrachtet, aus Komponenten der sozialen Kompetenz zusammen.

 

Anmerkungen:

1 Die Zahlen basieren auf dem Stand des OPAC der Deutschen Bibliothek, Frankfurt/M. am 1.8.2002. Seit 1990 sind 536 Buchtitel von insgesamt 716 erschienen, nach 1995 378 Buchtitel.

2 Marcel Bühler/Alexander Koch (Hg.): Kunst & Interkontextualität. Materialien zum Symposium schau-vogel-schau. Köln: Salon-Verlag 2001, S. 56/57

3 Ich folge hier in vielen Teilen der Darstellung der Begriffsgeschichte von Kompetenz, wie sie in: Joachim Ritter/Karlfried Gründer (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Darmstadt 1976, Bd. 4, Sp.918-933 vorbildlich dargestellt ist.

4 Du Cange erwähnt im Glossarium Mediae Et Infimae Latinitatis. Conditum A Carolo Dufresne Domino Du Cange Auctum A Monachis Ordinis S. Benedicti. Cum Supplementis Integris D. P. Carpenterii Et Additamentis Adelungii Et Aliorum Digessit G. A. L. Henschel. - Parisiis: Firmin Didot 1840 f. eine Stelle in den „Attischen Nächten" von Aulus Gellius, wo es heißt: "Da nun nach einem natürlichen Gesetze die Glieder des menschlichen Körpers in einem Verhältnis der Übereinstimmung zu einander stehen, ..." vgl. Aulus Gellius: Die attischen Nächte, I. Buch,1. Kap., §3; ferner eine weitere Stelle in Buch XIV, Kap.1, §25. Dagegen erscheint der Begriff competentia weder im Historischen Wörterbuch der Rhetorik noch in Quintillians De institutio oratoria.

5 Johannes Melber: Vocabularius praedicantium, sive Variloquus, Speyer: Peter Drach, ca. 1477-80

6 Vocabolarius ex quo, Eltville: Nicolaus Bechtermünze, 12. März 1472

7 Joannes Frisius: Novum Latinogermanicum et Germanico-latinum Lexicon. Zürich: Johann Wolff, ca. 1556

8 John Florio: A Worlde of Wordes, Or ... Dictionarie in Italian and English. London 1598, S. 79

9 John Florio: Queen Anna's new World of words, or Dictionarie of the Italian and English Tongues. London 1611, S. 112

10 ibd.

11 Johann Heinrich Zedler: Großes vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste, Bd.6, 1733, Sp.870

12 Encyclopédie ou Dictionnaire Raisonné des Sciences des Artes et des Métieres ..., Bd. 3, Paris 1753, S.761

13 Siegfried J. Schmidt 1989, S.65-76

14 Der forcierte Ausbau der Justiz- und Behördenapparate im Königreich Preussen führte zu zahlreichen Zuständigkeitsstreitigkeiten, die durch die Schaffung eigener Kompetenzkonflikts-Gerichtshöfe seit 1847 beigelegt werden sollten. Vgl. hierzu auch als Beispiel den Lexikoneintrag „Competenz-Recht" in Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Bd. 2 Br-Cz, Altenburg, Leipzig: F.A. Brockhaus 1817, S.680: „Competenz-Recht (von Competenz, Befugniß) nennt man die Gerechtsamkeit adeliger und anderer schriftsäßiger Personen, daß, wenn ihr Vermögen zum Concurs kommt, ihnen doch soviel übrig gelassen werden muß, daß sie, wenn auch eingeschränkt, doch ihrem Stande gemäß leben können. Bei den ersten Verhandlungen auf dem deutschen Bundestage kam die Competenz desselben insbesondere über seine Befugniß zur Einmischung in die innern Angelegenheiten der Bundesstaaten sehr zur Sprache, ohne dass bis jetzt (Anfang 1817) darüber etwas wäre festgesetzt worden."

15 H.J.Wolff: Verwaltungsrecht 2, 1967, 14

16 Conversations-Lexicon oder kurzgefaßtes Handwörterbuch ... Nachträge. Bd.1 A-L, Amsterdam 1809, S.234

17 Conversations-Lexicon oder Hand-Wörterbuch für die gebildeten Stände ..., Bd.2 Von Compaß bis Fleury. Leipzig 1812, S.2 s.v. „Competenz-Recht"

18 Supplemente zum Conversations-Lexicon für die Besitzer der ersten, zweiten, dritten und vierten Auflage. 4 Abteilungen, Bd.1 A-E. Leipzig: Brockhaus 1819, S.307

19 Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände. 10 Bde. Bd.2: Br-Cz,Leipzig 1824, S.667

20 Georg von Alten/ Hans von Albert (Hg.): Handbuch für Heer und Flotte. Enzyklopädie der Kriegswissenschaften und verwandter Gebiete, Berlin [u.a.]:Deutsches Verlagshaus Bong & Co 1912, Bd. V, S. 501. Siehe unter "Gebührniss"

21 siehe den Beitrag Kontrollbedürfnis in Frey, Dieter/Greif, Siegfried (Hg.): Sozialpsychologie. Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen. München [u.a.]:Urban & Schwarzenberg 1983, S.

22 Chomsky,Noam: Aspects of the theory of syntax, Cambridge, Mass.: M.I.T. Press 1965, S.4 : "Wir machen somit eine grundlegende Unterscheidung zwischen Kompetenz (das Wissen des Sprecher-Hörers von seiner Sprache) und Performanz (der aktuelle Gebrauch der Sprache in konkreten Situationen)." [eigene Übersetzung]

23 Dort heißt es: "Das Verfahren der Sprache ist aber nicht bloss ein solches, wodurch eine einzelne Erscheinung zustandekommt; es muss derselben zugleich die Möglichkeit eröffnen, eine unbestimmbare Menge solcher Erscheinungen, und unter allen, ihr von dem Gedanken gestellten Bedingungen, hervorzubringen ... [Die Sprache] muss daher von endlichen Mitteln einen unendlichen Gebrauch machen" (Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues, 1836, Sektion 13, S.CXXII) zit. nach Noam Chomsky: Current Issues in Linguistic Theory, in: Jerry A. Fodor/ Jerrold J. Katz: The Structure of Language. Readings in the Philosophy of Language. Englewood Cliffs, New Jersey 1964, S.56

24 Sehr ähnlich verhält es sich oftmals auch bei Künstlern, die über ihre visuelle Kompetenz selten explizit sprachliche Rechenschaft ablegen können. Vgl. zum Begriff der künsterischen Kompetenz Tom Holert: Künstlerwissen. Studien zur Semantik visueller Kompetenz im Frankreich des 18. und 19. Jahrhunderts. München: Fink 1998

25 Die folgenden Passagen basieren auf Recherchen, die Stefanie Schottka im Auftrag des Modellprojektes „Visuelle Kompetenz im Medienzeitalter" durchgeführt hat.

26 Helmuth Feilke: Common sense-Kompetenz. Überlegungen zu einer Theorie „sympathischen" und „natürlichen" Meinens und Verstehens. Frankfurt/M. 1994

27 Gefunden bei http://www.hochschulanzeiger.de

28 Zimmer, D.: Die Entwicklung des Begriffes der Selbstsicherheit und sozialen Kompetenz in der Verhaltenstherapie; in: Ullrich, R.: Soziale Kompetenz, Bd. 1. München 1978, S.

29 Ulrich Pfingsten; Rüdiger Hinsch: Gruppentraining sozialer Kompetenzen. Weinheim 1991

30 Franz Petermann: Training sozialer Kompetenzen bei Kindern und Jugendlichen; in: Jürgen Markgraf, Katharina Rudolf (Hrsg.): Training sozialer Kompetenz. Baltmannsweiler 1995, S. 109

31 Franz Petermann: Training sozialer Kompetenzen bei Kindern und Jugendlichen; in: Jürgen Markgraf, Katharina Rudolf (Hrsg.): Training sozialer Kompetenz. Baltmannsweiler 1995, S. 109

32 Martin Hautzinger und Claudia Ingebrand: Training sozialer Kompetenzen bei Depressionen; in: Jürgen Markgraf, Katharina Rudolf (Hrsg.): Training sozialer Kompetenz. Baltmannsweiler 1995.

S. 155

33 Hesse/Schrader: Die 100 wichtigsten Fragen zum Assessment Center, eichborn.exakt.1999

34 Sigrid Luchtenberg: Interkulturelle Kommunikative Kompetenz. Opladen 1999. S. 193

35 Sigrid Luchtenberg: Interkulturelle Kommunikative Kompetenz. Opladen 1999. S. 195

36 http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/germ/kovo/ws98_99/liedtke_vl_zf.htm

37 Referat bei der Tagung Motivieren und Lernen (25.-26. Oktober 2001)

Claudia Gómez Tutor und Jutta Kammerer: Selbstlernkompetenzen als Voraussetzung des selbstgesteuerten Lernens.

38 Referat bei der Tagung Motivieren und Lernen (25.-26.Oktober 2001)

Claudia Gómez Tutor und Jutta Kammerer: Selbstlernkompetenzen als Voraussetzung des selbstgesteuerten Lernens

39 http://www.gesundinfo.de/sk/sozkompf.htm

40 http://www.verantwortung.muc.kobis.de/Projekte/F2-F4/Merksaetze/merk5.htm

41 http://www.medienforum-hunsrueck.de/schrift/medienkompetenz.htm

42 http://www.uni-mainz.de/FB/Philosophie_Paedagogik/agas/content/HA/medien.html

43 u.a. Grosch/Groß/Leenen nach: Gaitanides, Stefan: „Interkulturelle Kompetenz als Anforderungsprofil in der sozialen Arbeit" in: Nestmann/Engel/Sickendiek (Hg.) "Handbuch der Beratung" 2002. http://www.soziales-hameln.de/akak/interkulturelles/texte/handbuchartikel.htm

44 http://www.uni-hamburg.de/kooperationsstelle-hh/content/arbeitsgebiete/projektmanagement/proinno/success_one.htm

45 http://www.uwi.ethz.ch/wb/wbs/interkulturell.html

46 http://www.sw.fh-koeln.de/ikk/

47 http://www.faktorm.de/interkulturellekompetenz.html

48 Maria do Mar Castro Varela: Interkulturelle Kompetenz - ein Diskurs in der Krise; in: Georg Auernheimer (Hrsg.): Interkulturelle Kompetenz und pädagogische Professionaliät. Opladen 2002, S. 35

49 Sigrid Luchtenberg: Interkulturelle Kommunikative Kompetenz. Opladen 1999. S. 201f

50 Sigrid Luchtenberg: Interkulturelle Kommunikative Kompetenz. Opladen 1999. S. 202

51 William Gudykunst: Bridging Differences. Effective Intergroup Communication. London [u.a.] 1994

52 Hinz-Rommel, W. (1994): Interkulturelle Kompetenz. Ein neues Anforderungsprofil für die soziale Arbeit. Münster 1996

53 Sigrid Luchtenberg: Interkulturelle Kommunikative Kompetenz. Opladen 1999. S. 193ff


Hans Dieter Huber