Der Traum vom interaktiven Kunstwerk


First Installation: 29.10.2006 Last Update: 07.02.2010


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Intro

1936 schrieb Walter Benjamin in der Anmerkung 25 seines berühmten Aufsatzes Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit folgende Zeilen:

In der Tat steht jede ausgebildete Kunstform im Schnittpunkt dreier Entwicklungslinien. Es arbeitet nämlich einmal die Technik auf eine bestimmte Kunstform hin. ...  Es arbeiten zweitens die überkommenen Kunstformen in gewissen Stadien ihrer Entwicklung angestrengt auf Effekte hin, welche später zwanglos von der neuen Kunstform erzielt werden. ... Es arbeiten drittens oft unscheinbare gesellschaftliche Veränderungen auf eine Veränderung der Rezeption hin, die erst der neuen Kunstform zugute kommt.

Die Thesen Benjamins lassen sich auch auf die hier zu diskutierende Fragestellung anwenden. Welches unbewusste gesellschaftliche Begehren kommt im Wunsch nach Interaktion mit dem Betrachter zum Ausdruck? Inwieweit kann man davon sprechen, dass die Konkrete Kunst angestrengt auf interaktive Effekte hin arbeitet, welche später mit Leichtigkeit von anderen Kunstformen wie dem Video oder dem Computer gelöst wird? Welche gesellschaftlichen Veränderungen arbeiten auf eine veränderte Rezeptionsweise hin, die erst den neuen Kunstformen, nämlich der Videokunst und der Computerkunst, zu gute kommen?

Dieser Text ist der Versuch einer Re-Interpretation. Er versucht, bekannte historische Zusammenhänge neu zu sehen, zu interpretieren und vor allem, scheinbar Getrenntes, miteinander in Verbindung zu bringen. Er stellt den Versuch dar, verschiedene gesellschaftliche Felder, Disziplinen oder Fächer in einen kulturgeschichtlichen Zusammenhang zu bringen: die Konkrete Kunst, die Anfänge der Computerkunst, den Beginn der Videokunst, sowie die Soziologie der sechziger Jahre. Alle vier gesellschaftlichen Felder arbeiten etwa zur selben Zeit an einem sehr ähnlichen Thema, nämlich der wechselseitigen Interaktion mit dem Betrachter.

Kalter Krieg und Neue Tendenzen

Wir befinden uns in der Zeit des Kalten Krieges. Zwei mächtige Militärbündnisse stehen sich konfrontativ und bedrohlich gegenüber: das kommunistische und das kapitalistische Lager. Die Domino-Theorie beherrscht das politische Denken. Nikita Chruschtschow ist als Nachfolger Stalins der unumschränkte Herrscher des riesigen Sowjetreiches und seiner Satelliten. Dwight D. Eisenhower (1953 bis 1961) und John F. Kennedy (1961 bis 1963) sind seine Gegenspieler. Vor allem in Indochina und Korea stehen sich das kommunistische und das kapitalistische Lager in verlustreichen und verbittert geführten, ideologischen Kriegen gegenüber. Von 1950 bis 1953 nimmt Amerika am Korea-Krieg teil. Im Juni 1953 wird der Arbeiteraufstand in Ostberlin durch russische Militärtruppen niedergeschlagen. Im Oktober 1956 folgt der Ungarn-Aufstand unter Imre Nagy, der später in Moskau zusammen mit seinen Mitverschwörern in einem Schauprozess hingerichtet wird.

Vom 3. August bis zum 14. September findet in der Städtischen Galerie Zagreb eine Ausstellung statt, welche den Titel nove tendencije trägt. Zehn Tage später wird auf Veranlassung Walther Ulbrichts in Berlin mit dem Bau der Mauer zwischen der DDR und der BRD begonnen. Der Titel stammt vom Organisator der Ausstellung, dem brasilianischen Künstler Almir Mavignier. Die Ausstellungsmacher vor Ort, die Kunsthistoriker Bozo Bek und Boris Kelemen, sowie die beiden Kritiker Matko Mestrovic und Radoslav Putar hatten Almir Mavignier ein Jahr zuvor gebeten, ihnen Namen von einzuladenden Künstlern zu übermitteln. Für den Titel zeichnet ebenfalls Almir Mavignier verantwortlich. Er geht auf die Ausstellung Stringenz. Nuove tendenze tedesche zurück, die 1959 in der Galleria Pagani del Grattacielo Mailand stattfand, an der auch Mavignier teilnahm. Bereits der Ausstellungstitel deutet an, dass die Kuratoren und der Organisator Almir Mavignier der Überzeugung sind, dass sie etwas Neues zeigen und dass dieses Neue eine Richtung, eine Tendenz oder einen Trend in der zeitgenössischen Kunst repräsentiert. Was heißt das? Etwas als eine Tendenz zu präsentieren, heißt, dass es vorher offenbar keine erkennbare Richtung gab, also eine allgemeine Orientierungslosigkeit auf dem Gebiet der Kunst herrschte und nun (nach Ansicht der Kuratoren) eine neue Tendenz oder neue Richtung sichtbar wird.

Damit ist jedoch noch nicht alles ausgesagt. Denn die Ausstellung trägt den Titel im Plural. "Neue Tendenzen", das heißt, es muss sich um mindestens zwei verschiedene, neue Tendenzen handeln, die in einer Ausstellung präsentiert werden. Damit wird bereits im Titel selbst die Tendenz zur Pluralität der Künste und zu einem künstlerischen oder ontologischen Relativismus erkennbar, wie ihn der amerikanische Philosoph Quine 1968 als erster beschrieben hat . Es gibt nicht mehr eine einzige künstlerische Wahrheit, sondern es gibt viele verschiedene und sie stehen gleichberechtigt nebeneinander. Soweit so gut. Aber genau in diesem Relativismus sind bereits die Motive für die späteren Probleme und Krisen vorprogrammiert, in welche die nove tendencije in Zagreb geraten. Wenn es nicht mehr eine künstlerische Wahrheit, sondern viele verschiedene gibt, stellt sich die Frage, wie wir das  künstlerisch Richtige vom künstlerisch Falschen unterscheiden können. Die scheinbar großzügige Toleranz der Künstler kann und wird schnell zur ideologischen Machtfrage werden. Genau hieran scheitert nove tendencije letztendlich. Der Anspruch, plural, relativistisch und tolerant zu sein, entpuppt sich als unlösbarer Konflikt.

Im Oktober 1962 eskaliert die Kuba-Krise, als die Amerikaner durch Luftaufnahmen feststellen, dass die Sowjetunion strategische Atomraketen auf Kuba stationieren. Dies führt zu einer Seeblockade der USA, bis sich Chruschtschow schließlich zur Demontage und zum Abtransport der Raketen bereit erklärt. Die Welt stand damals kurz vor einem Atomkrieg, so der Eindruck vieler Zeitzeugen. Am 1. August 1963 wird die zweite nove tendencije-Ausstellung in Zagreb eröffnet. Man spürt keine Resonanz dieser äußerst schwierigen, ideologischen und zeitgeschichtlichen Situation in der Ausstellung oder im Katalog. 1964 tritt die USA nach dem Seegefecht im Golf von Tonking direkt in den 2. Indochina-Krieg in Vietnam ein, der 1975 zum großen Trauma und Desaster der amerikanischen Zivilgesellschaft führen wird.

Mit der Ausstellung nova tendencija 3 vom 13.8. bis zum 19.9.1965 gerät die Ausstellungsgruppe endgültig in die Krise. Der Ausstellungstitel wird dieses Mal im Singular geführt. Es gibt offensichtlich nur noch eine einzige, neue Tendenz und nicht mehr viele verschiedene. Die Zeit der Toleranz und des Relativismus sind also offenbar vorbei. Nun wird die ideologische Machtfrage ausgespielt. In einem kleinen Absatz vor Beginn des Katalogs heißt es, dass mit der Singularisierung des Ausstellungstitels "die Absicht zur ideologischen Konzentration und die Gemeinsamkeit der Ziele zum Ausdruck" gebracht werden soll. Aber es ist bereits zu spät. Das Singular reicht nicht mehr aus, um das Auseinanderdriften der Gruppe aufzuhalten. Gleichzeitig werden im Katalog viele Argumente aufgeboten, um nicht an den verschiedenen – schon unversöhnlichen?- Meinungen und Standpunkten zu scheitern. Eine extensive Diskussion über die Ursachen der Krise beherrscht die Texte.

Von subjektiven Meinungsverschiedenheiten zur Objektivität des Computers

Als willkommene Rettung aus den ideologischen, ökonomischen und sozialen Widersprüchen bietet sich, quasi wie von selbst, ein neues Medium an und eine neue Theorie: der Computer und die Informationsästhetik. An ihn heften sich nun alle Hoffnungen auf Einheit, Gemeinschaft und auf eine positive Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Informationsästhetik ist der letzte Versuch des 20. Jahrhunderts, subjektive Meinungsverschiedenheiten und ideologische Gegensätze durch eine vermeintlich "objektive" Analyse der Eigenschaften von artifiziellen Objekten zu ersetzen. Eine Maschine oder ein Algorithmus kennen keine Meinungsverschiedenheiten.

In Zagreb gönnt man sich nun bezeichnenderweise erst einmal eine Denkpause von drei bis vier Jahren, bevor man am 3. und am 4. August 1968 ein erstes Kolloquium über Computer and Visual Research durchführt. 17 Tage später, am 21. August 1968, marschieren die sowjetischen Truppen in die Tschechoslowakei ein und bereiten dem Prager Frühling unter der Regierung von Alexander Dubcek ein jähes Ende. Der Höhepunkt des Vietnam-Kriegs fällt mit dem Beginn der Tet-Offensive ebenfalls in dieses Jahr. Im Februar 1968 starten mehr als 600.000 Vietcong-Soldaten eine groß angelegte Offensive gegen die USA. Amerika erkennt langsam, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen sein wird. Es ist auch das Jahr der Studentenrevolten in Paris und Europa.

Von all diesen, die Welt bewegenden und verändernden Ereignissen enthalten die Kataloge und Symposiumsbeiträge kaum irgendwelche Spuren. Wie Matko Mestrovic 2004 in einem Rückblick meint, war es eine Zeit der wirtschaftlichen Prosperität im sozialistischen Jugoslawien, welche die Ausstellungsreihe der nove tendencije möglich machte. Im Westen sprach man damals von den sogenannten Tauwetterperioden. Auch die DDR stabilisierte sich für einige Jahre wirtschaftlich und politisch nach dem Bau der Mauer.

Zagreb 1968

Die nove tendencije Gruppe befindet sich also nach drei erfolgreichen Ausstellungen in den Jahren 1961, 1963 und 1965 offensichtlich in einer tiefen Krise. Die Motive der Krise sind formaler, inhaltlicher und politischer Natur. Da kommt ein neues technologisches Medium, der Computer, gerade recht, um der Ausstellungsreihe, zusammen mit der vermeintlich objektiven Informationsästhetik, aus der Krise zu helfen. Wie bei jedem neuen Medium wird der Computer zunächst euphorisch begrüßt und es werden wilde Spekulationen betrieben, was man damit alles zur Veränderung beziehungsweise Verbesserung der Gesellschaft anstellen könnte. Der Traum vom interaktiven Kunstwerk und damit auch von einer interaktiven Gesellschaft entsteht. Er heftet sich als Utopie an den Computer, später ans Fernsehen als ein Massenmedium zur "positiven" Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse. Diese unsichtbare Verschiebung durch eine Krise ist offensichtlich der Auslöser für die Absicht der Veranstalter von nove tendencije, sich nun stärker auf Informationsästhetik und Computerkunst zu konzentrieren.

Die Zeitschrift 'bit'

So wird 1968 schließlich in Zagreb die Zeitschrift bit mit dem Chefredakteur Bozo Bek an der Spitze gegründet. Das Design stammt von Ivan Picelj, einem Mitglied der wichtigen jugoslawischen Künstlergruppe Exat 51. Sie soll ursprünglich vierteljährlich erscheinen, wie im Impressum des zweiten Bandes vermerkt, was auf ein sehr ambitiöses Projekt schließen lässt. Im Jahr 1968 erscheinen drei Ausgaben. 1969 erscheinen immerhin noch zwei Ausgaben, 1970 keine, 1971 und 1972 jeweils ein Band. Damit endet das ehrgeizige Projekt.

Band 1 mit dem Titel The theory of information and the new aesthetics enthält Texte von Matko Mestrovic, Abraham Moles (3 Texte), Max Bense und Radoslav Putar. Der zweite Band, der von Boris Kelemen und Radoslav Putar herausgegeben wird, befasst sich zum ersten Mal mit dem Thema Computer and Visual Research. Die Zeitschrift heißt ab jetzt bit international. Der dritte Band gibt die Texte des ersten Internationalen Kolloquiums über Computers and Visual Research Zagreb vom 3. und 4. August 1968 wieder. Am 5. und 6. Mai 1969 findet in Zagreb ein zweites Symposium zum Thema "Computers and Visual Research" statt. Die Texte dieses zweiten Symposiums werden 1971 im Band 7 von bit international unter dem Titel Dialogue with the Machine publiziert, wobei noch sechs weitere Textbeiträge hinzukommen, die nicht auf einen Vortrag bei der Tagung selbst zurückgehen. Die letzte Doppelausgabe von bit international 8/9 wendet sich folgerichtig dem Massenmedium Fernsehen zu. Der Titel lautet: Television today. Television and culture. The language of television experiments. Er ist von Vera Horvat-Pintaric herausgegeben worden. Wie sie im Vorwort schreibt, stammte die Idee aus dem Jahr 1969, das Lektorat war 1971 abgeschlossen, aber aufgrund von "unüberwindbaren Schwierigkeiten" konnte der Band erst Ende Oktober 1972 erscheinen. Die Aktivitäten von nove tendencije umspannen also im Wesentlichen zwölf Jahre von 1961 bis 1973 und sind eine wichtige Schnittstelle zwischen den Anfängen der Konkreten Kunst der sechziger und der interaktiven Medienkunst der siebziger Jahre.

Der Traum von der Interaktion in der Konkreten Kunst

Die Kunst der fünfziger Jahre, des Abstrakten Expressionismus und des Informel, war eine Kunst der Einzelgänger. Nach dem Zusammenbruch der europäischen Kultur im Zweiten Weltkrieg befragten Künstler wie Wols, Fautrier, Schumacher oder Pollock vor allem die unveräußerliche Tatsache ihrer eigenen Existenz. In den subjektiven Linien und Spuren ihrer Gemälde und Zeichnungen vergewisserten sie sich, dass sie noch am Leben waren. Die Spur war der unmittelbare Existenzbeweis. Ich zeichne, also bin ich. Es war eine autistische, völlig auf sich selbst bezogene Kunst.

Auf diesen hypertrophen Subjektivismus regierte die konkrete und konstruktive Kunst zu Beginn der sechziger Jahre, indem sie versuchte, objektive, überprüfbare Fakten und Zusammenhänge zur Darstellung zur bringen. Gerade diese Wendung stellt eine der "Neuen Tendenzen" dar, auf welche die Ausstellungstitel von Zagreb anspielen. Die Wendung zur Objektivität und der dezidierte Anti-Subjetivismus lässt sich auch an der Informationsästhetik von Max Bense erkennen. Die Düsseldorfer Gruppe Zero ist die erste internationale Kunstbewegung auf europäischer Ebene, welche in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Italien ihre Kooperationspartner besitzt. Ihre Entwicklung läuft parallel mit der Entstehung der EWG. Die Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft wurden am 25. März 1957 in Rom von den sechs Mitgliedern der Montanunion – Frankreich, Italien, Bundesrepublik Deutschland, Belgien, Niederlande und Luxemburg – unterzeichnet (Römische Verträge). Darüber hinaus war sie eine der ersten, internationalen Kunstbewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg, die eine direkte, aktive Beziehung zum Betrachter suchte, statt sich nach innen in das eigene Selbst und seine psychischen Probleme zu vergraben.

Die Konkrete Kunst war es auch, die deutlich aussprach, dass der Betrachter letztendlich für das verantwortlich sei, was er sieht, versteht und ästhetisch erfährt. Umberto Eco mit seinem offenen Kunstwerk ist der historische Kronzeuge dieser Entwicklungen. Das einflussreiche und viel gelesene Schlüsselwerk Opera aperta, 1962 in Mailand bei Bompiani erschienen und auf einem Beitrag zum XII. Internationalen Philosophiekongress in Venedig aus dem Jahr 1958 fußend, war ein Buch, das die Rolle und Verantwortung des Betrachters bei der Interpretation und beim Verstehen von Kunstwerken klar und deutlich herausarbeitete. Kunstwerke waren in der Ansicht Ecos offene und unbestimmte Systeme, die erst durch den konkreten Interpretationsakt des Betrachters zur Vollendung gebracht werden.

Nur so ist auch der Titel The Responsive Eye, der von William Seitz kuratierten Ausstellung im Museum of Modern Art, New York von 1965 zu verstehen. Viele Künstler der Konkreten Kunst machten die aktive Bewegung des Betrachters vor dem Kunstwerk oder in der Rauminstallation zur Voraussetzung von ästhetischer Erfahrung. Sie etablierten eine strikte, strukturelle Kopplung zwischen der körperlichen Bewegung des Betrachters und der daraus resultierenden Oberflächenveränderung ihrer Werke. Die Erscheinung der Oberfläche war von da an fest mit der physischen Bewegung des Beobachters in Zeit und Raum verkoppelt. Die Oberfläche der Bilder wurde interaktiv in dem wechselseitigen Sinne, dass Strukturveränderungen an der Oberfläche des Kunstwerks einerseits eine Bewegungsreaktion des Betrachters hervorriefen und andererseits der Bewegungs"reiz" des Betrachters zu einer Strukturveränderung auf der Oberfläche der Werke führte. Ästhetische Erfahrung war zu einer Erfahrung von Körperbewegung und zu einer Erfahrung von wechselseitiger Interaktion geworden, in der sich die Bedeutung des Kunstwerks durch eine körperliche Bewegung im sozialen Interaktionsraum konstituierte.

1963 veröffentlichte der deutsche Emigrant Josef Albers in Yale seine programmatische Farbenlehre mit dem Titel Interaction of Color. Spätestens ab diesem Moment ist die Beziehung zwischen Konkreter Kunst und dem Begriff der Interaktion nicht mehr von der Hand zu weisen. Die früheste, mir bekannte Verwendung des Begriffs interaction bei Josef Albers findet sich im Bulletin der Yale University, Division of the Arts aus dem Jahr 1953, wo sein Kurs, der vorher einfach "Color" genannt wurde, nun zum ersten Mal "The Interaction of Color" heißt.

In der Konkreten Kunst führte die durch die Körperbewegung des Betrachters ausgelöste Interaktion zu einer virtuellen Reaktion. Sie war auf der Oberfläche des Bildes noch eine Scheinbewegung und eine Scheinveränderung. Interaktion war  in der Konkreten Kunst noch ein symbolisches Als-Ob, ein symbolisches Handeln, wie es jeder Kunst inhärent ist. Sie war in den Worten des amerikanischen Sozialpsychologen Herbert Blumer eine Form von symbolvermittelter Interaktion. Die Konkrete Kunst arbeitete also noch angestrengt auf Effekte hin, welche dann später die Computerkunst mit Leichtigkeit lösen konnte.

Die Kinetische Kunst ging in dieser Anstrengung noch einen Schritt weiter. Sie versuchte, die virtuelle oder symbolische Interaktion durch die Bewegung des Betrachters in eine tatsächliche, mechanische Bewegung des Kunstwerks selbst zu transformieren. Hierbei gab es zwei Typen von Objekten: kinetische Objekte, die sich auch dann bewegten, wenn kein Beobachter anwesend war und solche Objekte, die sich erst dann in Bewegung setzen oder ihre ästhetischen Zustände verändern, wenn sie durch die Interaktionen eines Beobachters ausgelöst werden. Die simpelste Variante war der Fußschalter. Aber es gab durchaus auch viel komplexere, interaktive Environments und Installationen, in die sich der Beobachter hinein begeben konnte und in denen er durch seine Bewegungen, Gesten, Gebärden und Lautäußerungen Veränderungen in Licht, Klang oder Farbe auslösen konnte, die wiederum auf seine Bewegungen, Gesten und Gebärden zurückwirkten, indem sie seine Reaktionen auf diese Veränderungen beeinflussten und veränderten. Spannende frühe Beispiele dieser Arbeiten waren die Installationen der Ausstellung Kunst Licht Kunst im Stedelijk Museum Eindhoven 1966, wo zum Beispiel die Gruppo T (Giovanni Anceschi, Davide Boriani, Gianni Colombo, Gabriele de Vecchi, Grazia Varisco) einen interaktiven Licht- und Spiegelraum installierte, oder zum Beispiel die Arbeiten in der legendären Ausstellung Lights in Orbit vom 4.2. bis 4.3.1967 in der Howard Wise Gallery, New York. Von da aus war es nur noch ein kleiner Schritt zur Einbeziehung  von Computern und Videos in interaktive Ausstellungssituationen.

Die Geschichte des Interaktionsbegriffs

Erstaunlicher Weise gibt es bisher keinen Versuch einer Begriffsgeschichte des Interaktionsbegriffes. Es existieren zwar zahlreiche Handbücher und Lexika, welche den Begriff ausführlich behandeln, aber keine historische Darstellung dieses prominenten Begriffes. Es soll infolgedessen eine eigene Begriffsrecherche erfolgen.

Der Begriff Interaktion scheint erst Ende des 19. Jahrhunderts Verwendung in der einschlägigen Literatur gefunden zu haben. In der Sozialpsychologie taucht er meines Wissens zum ersten Mal bei George Herbert Mead auf und zwar 1904 in einem frühen Text sowie einigen kurz danach folgenden Aufsätzen aus den Jahren bis etwa 1910. Das Erstaunliche ist, dass Mead diesen wichtigen Begriff aber nicht explizit einführt oder ihn definiert, sondern ihn quasi im Vorübergehen mit samt seinen ganzen Implikationen verwendet. Dies irritiert einigermaßen, kommt es einem doch so vor, als sei der Begriff zu diesem Zeitpunkt schon längst bekannt und eingeführt. 1908 taucht der Begriff ebenfalls bei einem Chicagoer Kollegen von Mead, nämlich bei Edward Alsworth Ross, auf. Der Begriff Interaktion scheint also zumindest damals bereits, im Umfeld des Chicagoer Instituts für Soziologie, gang und gäbe gewesen sein.

Der Begriff der symbolischen oder symbolvermittelten Interaktion findet sich dagegen erst später in der sozialpsychologischen Literatur. Der Sozialpsychologe Herbert Blumer gibt an, ihn in einem Aufsatz in dem Sammelband Man and Society 1937 zum ersten Mal verwendet zu haben. Des Weiteren taucht der Begriff im Titel einer Chicagoer Dissertation aus dem Jahre 1943 auf. Es ist daher nicht zutreffend, wie Carl-Friedrich Graumann behauptet, dass der Begriff von Herbert Blumer erst 1969 eingeführt worden sei. Bezüglich der zeitlichen Parallelen zu den nove tendencije-Ausstellungen in Zagreb ist noch von Interesse, dass der amerikanische Soziologe Erving Goffman 1961 sein Buch Encounters. Sociology of Interaction herausgebracht hatte, in dem er den Interaktionsbegriff mit einer großen Wirkung wieder in die soziologische Debatte im Nachkriegsamerika einführte. Ihm folgte 1967 das Buch Interaction Ritual, 1969 Strategic Interaction. 1970 veröffentlichte Michael Argyle in Oxford sein Hauptwerk Social Interaction.

Bildungsgeschichtlich gesehen, ist der Moment von besonderem Interesse, in dem der Begriff Interaktion Eingang in Lexika und Enzyklopädien findet. Denn das bedeutet, dass dieser Begriff in der Gesellschaft nun virulent wird, dass er in der Sprache verwendet und gebraucht wird, aber im Alltag noch neu und ungewohnt ist und deshalb in die neueste Auflage eines Lexikons zur Erklärung aufgenommen wird. Sehen wir uns daher einmal genauer an, wann der Begriff Interaktion Eingang findet in den Grossen Brockhaus und in die Encyclopaedia Britannica. Erst im Jahre 1970, nämlich in der 17., völlig neu bearbeiteten Auflage der Brockhaus Enzyklopädie in zwanzig Bänden taucht das Stichwort Interaktion zum ersten Mal auf:

Interaktion [lat.], die Wechselbeziehung zwischen den Individuen innerhalb der Gesellschaft, bes. die Kommunikation in Gruppen. Zwei Personen interagieren, wenn die Aktionen des einen Partners durch die des anderen hinsichtlich ihrer Art und Menge beeinflußt werden. Das Verhältnis kann einseitig sein, zweiseitig, öfter auch reziprok. Einfachste Beispiele sind Gespräche, kooperative Arbeiten, Spiele (Schach), sportliche Wettkämpfe (Tennis). An der I. können auch mehrere Personen beteiligt sein. Mit zunehmender sozialer Distanz nimmt in der Regel die Bereitschaft zu reziproker I. ab. Je reger die reziproke I. zwischen zwei Personen ist, um so positiver werden zwischen ihnen die emotionalen Beziehungen (-> Gesellschaft 1). Zur Erfassung des Geschehens in interagierenden Gruppen, z. B. bei Gruppendiskussionen. hat R. F. BALES (1950) empir. Methoden entwickelt. R. F. BALES: Interactionprocess analysis (Cambridge, Mass.,  1950; dt. in: Prakt. Sozialforschung, hg. V. R. König, 2, 1962); P. R. H0FSTÄTTER: Sozialpsychologie (1967); G. C. HOMANS: Theorie der sozialen Gruppe (1968).

Die Encyclopaedia Britannica ist sogar noch später dran. Erst 1974, in der 15. Auflage, finden sich die Begriffe interaction und interactionism zum ersten Mal. Der Interaktionsbegriff ist also ein Begriff, der erstaunlich spät, nämlich erst 1970, seinen Einzug in die Enzyklopädien und großen Lexika gefunden hat. Vorher ist er offensichtlich nur als Fachbegriff in speziellen, wissenschaftlichen Diskursen verwendet worden.

Interaktion in der Computerwissenschaft

Nach Söke Dinkla wurde der Interaktionsbegriff in den sechziger Jahren aus der Soziologie in die Computer Sciences übertragen. Der Ingenieur J.C.R. Licklider spricht bereits im Jahre 1960 in einem Artikel mit dem Titel "Man-Machine-Symbiosis" von kooperativen Interaktionen zwischen Mensch und Computer, die allerdings noch eine Angelegenheit der Zukunft seien. Aber spätestens 1980, so seine euphorische Überzeugung, seien Computer in der Lage, schneller und komplexer als menschliche Gehirne zu denken. Er spricht von einer kooperativen Interaktion zwischen Mensch und Computer. Gleich zu Beginn seines Aufsatzes schreibt er:

Man-Computer symbiosis is an expected development in cooperative interaction between men and electronic computers.

In zahlreichen Aufsätzen und Publikationen der frühen sechziger Jahre tauchen die Begriffe Interaktion und interaktiv in Zusammenhang mit Computertechnologie auf , aber noch nicht in Zusammenhang mit Computerkunst. Dies geschieht erst gegen Ende der sechziger Jahre. Nicholas Negroponte verwendet 1969 den Interaktionsbegriff in Zusammenhang mit computergestütztem Architekturdesign.

Der Begriff der Interaktivität steht dagegen zu Beginn der sechziger Jahre noch nicht für den Diskurs zur Verfügung. Er ist eindeutig eine Prägung der neunziger Jahre. Er taucht in der ersten Hälfte der neunziger Jahre in Zusammenhang mit der damals entstehenden und sich rasant ausbreitenden Medienkunst und Medientheorie auf. Interaktivität findet von Anfang an im Kontext der Medienkunst ihren Gebrauch, während die Begriffe Interaktion oder interaktiv bereits zu Beginn der sechziger Jahre im Zusammenhang mit der Diskussion von Mensch-Maschine-Schnittstellen in der Computerentwicklung Verwendung finden.

Auf dem ersten Kolloquium Computers and Visual Research in Zagreb am 3. und 4. August 1968 bringen zwei Forscher, nämlich Bozo Tezak und Branimir Makanec, den Begriff der Interaktion gezielt in den Zusammenhang von Computer und Kunst. Bozo Tezak von der Mathematischen Fakultät der Universität Zagreb nimmt seinen Ausgangspunkt vom Interaktionsbegriff der Atomphysik zwischen einfachen physikalischen Einheiten wie Atomen oder Ionen. Trotzdem behält er immer die gesellschaftliche Makroebene im Auge.

... we must not lose sight of the extraordinary complexity of the man-to-man-interaction, neither should we forget that operating between man and the product of another man.

Aus seinen Ausführungen auf der Ebene der Interaktionen anorganischer Ionen stellt er die Frage, mit welcher Häufigkeitsrate man dieses Phänomen der systemischen Interaktion auf molekularer Ebene in eine Welt aus emotionalen und intellektuellen Interaktionen zwischen physio-psychisch-soziologischen Einheiten transferieren kann. Er überträgt also sein atomares Modell der Interaktion auf die Ebene der Gesellschaft. Er schlägt als eine mögliche Antwort die Suche nach neuen Definitionen von System, Subsystem und elementaren Einheiten in der Performance multidimensionaler Operationen vor. Auch für das ästhetische Urteil und die ästhetische Handlung in der künstlerischen Kreation sieht er neue Grundlagen in den multidimensionalen Systemen der Computertheorie und –praxis. Er gelangt zu der Schlussfolgerung:

It is safe to assume that the visual elements are to play therein the decisive role as essential factors of the human consciousness both in the active and passive ways and that they are to influence the entire sphere of interactions between computer and man. That is the reason why the themes of computers and visual research are of the paramount importance.

An diesen Text schließt Branimir Makanec, Professor für [... ](zavod za unapredenje osnovnog obrazovanja srh, zagrab) aus Zagreb, direkt an. Sein Beitrag trägt den Titel: Die Rolle der Interaktion im künstlerischen Ausdruck mit Hilfe des Computers. Sein Ausgangspunkt ist das kybernetische Phänomen des Feedbacks. Computer können seiner Meinung nach die Interaktion zwischen dem Werk des Künstlers und seinem Publikum ermöglichen. Denn es ist für Künstler möglich geworden, ein so genanntes interaktives Programm zu schreiben, welches es dem Publikum ermöglicht, den direkten und unmittelbaren Kontakt zu einem Kunstwerk aufzunehmen, um damit einen viel intensiveren Eindruck zu erhalten. An dieser Stelle wird der Optimismus deutlich, dass ein interaktives Programm einen "direkteren" Kontakt und "intensivere" Eindrücke ermögliche als traditionelle Gemälde. Indem alle möglichen Reaktionen des Publikums in einem solchen interaktiven Programm berücksichtigt werden könnten, würde es ein solches Programm für das Publikum möglich machen, eine aktive Rolle in der Erfahrung eines Kunstwerks einzunehmen. Mit dem Computer scheint also das mit Leichtigkeit möglich zu werden, was die Konkrete Kunst mit der Veränderung von Oberflächen durch Licht und Bewegung und die Kinetische Kunst durch mechanische Konstruktionen umständlich zu erreichen versuchte.

In traditionellen Kunstproduktionen sei die Öffentlichkeit nach Ansicht von Makanec ausschließlich mit passiver "Beobachtung" beschäftigt. In einem interaktiven Programm dagegen verursacht jegliche Aktion des Rechners eine Reaktion im Teilnehmer (participant). Auf diese Weise wird eine Spirale von Aktionen und Reaktionen, also ein Kette von Interaktionen, in Gang gesetzt. Das Beispiel, das Makanec hier anführt, ist aus heutiger Sicht relativ einfach. Er gelangt zu der Schlussfolgerung, dass das Thema der Interaktion aus dem Blickwinkel einer direkten, kommunikativen Verbindung mit dem Computer betrachtet werden sollte.

Der Traum von der Interaktion in der Videokunst

Auch die Videokunst ist an der Interaktion mit dem Betrachter interessiert. Die frühesten Arbeiten Nam June Paiks aus dem Jahr 1963 sind Fernsehgeräte, deren Bilder auf dem Bildschirm mit Hilfe eines starken Magneten beeinflusst und manipuliert werden können. Der Betrachter kann durch eine direkte Aktion (das Drehen des Magneten) eine Veränderung des Bildes bewirken. Die Interaktionskette beginnt also mit einer Aktion des Betrachters, die eine Reaktion des Kunstwerks hervorruft. Dies legt wieder eine neue Reaktion des Betrachters nahe, die wiederum zu einer Reaktion oder Zustandsveränderung des Kunstwerks führt. Auf diese Weise ist schnell eine dyadische Interaktionskette erreicht. Das Verhältnis zwischen Videokünstlern und  der Institution Fernsehen als Massenmedium ist von Anfang an von gegenseitigem Misstrauen geprägt. Die Verantwortlichen im Fernsehen wollen in den späten sechziger oder frühen siebziger Jahren –wenn überhaupt- nur in den seltensten Fällen irgendeine Art von sozialer Interaktion mit den Fernsehzuschauern ermöglichen.

Wichtige Beeiche der Videokunst zielen aber häufig auf diese Form von interaktivem Austausch, wie zum Beispiel die frühen Videoinstallationen von Dan Graham. Hier wird das neue Medium, ähnlich wie beim Computer, als ein Medium der Bildung, der Aufklärung oder der Veränderung der Gesellschaft begriffen. Es gibt aber auch wenige Ausnahmen, in denen Videokünstler im Fernsehen und mit dem Fernsehen produzieren konnten. 1968 wird im WDR Köln die legendäre Sendung Black Gate Cologne gesendet, in der unter anderem die Künstler Otto Piene und Aldo Tambellini teilnahmen. 1969 findet in Boston eine interaktive Fernsehsendung mit dem Titel The Medium Is the Medium statt, in der unter anderem der Performance- und Fluxuskünstler Allan Kaprow die interaktive Live-Fernsehsendung Hello im Stadtraum Bostons installiert. Dies sind zwei Beispiele der selten gebliebenen Begegnung von Videokunst und dem traditionelle Massenfernsehen.

Der Traum vom interaktiven Kunstwerk

Kommen wir am Schluss noch einmal auf die gesellschaftlichen und ideologischen Motive zurück, die dem Traum vom interaktiven Kunstwerk und der interaktiven Gesellschaft hinterlegt sind. Ganz allgemein lässt sich festhalten, dass über etwas Selbstverständliches nicht geredet, geschrieben oder debattiert werden muss. Wenn also ein bestimmtes Thema auf internationaler Ebene in verschiedenen gesellschaftlichen Feldern auftaucht, kann man behaupten, dass dieses Thema zu einem Problem für das Selbstverständnis und den Wandel der Gesellschaft geworden ist und deshalb erörtert und theoretisch gefasst werden muss. Wenn die soziale Interaktion zwischen Menschen in der Gesellschaft nicht mehr selbstverständlich ist, muss man sie erforschen, begründen und in neue technologische Medien einführen, in der Hoffnung darauf, dass sich die fehlgeleitete Gesellschaft nun bekehrt und sich im Sinne des Erwünschten positiv wandelt. Dies wird vor allem in den zahlreichen Katalogbeiträgen zu nova tendencija 3 immer wieder ausgesprochen.

In einer Gesellschaft, in welcher der Andere zum Klassenfeind, zum kommunistischen Spitzel, zum kapitalistischen Geschäftemacher oder einfach zum Fremden geworden ist, wird die face-to-face-Interaktion der zwischenmenschlichen Begegnung zu einem wichtigen und zentralen gesellschaftlichen Problem. Statt symbolisch vermittelter Distanz wird endlich wieder "direkter Kontakt" und "tiefe Einsicht" möglich. Das heißt nichts anderes, als dass es bisher nur indirekte Kontakte und oberflächliche Einsichten gegeben haben muss. Der Traum von der interaktiven Gesellschaft ist ein Traum von der wechselseitigen Begegnung mit dem Anderen als jemandem, der so ist und denkt, wie man selbst. Es ist der Traum vom "direkten" Dialog mit dem Anderen als einem Fremden, das Phantasma von sozialer Identität und sozialer Bedeutung durch wechselseitigen Dialog. Und dies in einer Zeit, in der dieses Begehren und Interesse aufgrund der angespannten politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Situation nicht mehr möglich war. Es ist kein Wunder, dass der Traum von der interaktiven Gesellschaft sehr schnell sein Ende findet und von anderen gesellschaftlichen und sozialen Phantasmen überlagert wird.

Anmerkungen


            Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Frankfurt am Main 1974, S.61

            Almir Mavignier: neue tendenzen I – ein überraschender Zufall; in: Ausst. Kat. tendencje 4, Zagreb 1970, [o.S.]

            Willard van Orman Quine: Ontologische Relativität und andere Schriften. Stuttgart: Reclam 1975, S.41-96

            Ausst. Kat. nova tendencija 3. galerija suvremene umjetnosti, muzej za umjetnost i obrt, centar za industrijsko oblikovanje. Zagreb, 13.VIII – 19.IX. 1965, S.4

            "Nur eine solche rational-empirische, objektiv-materiale Ästhetikkonzeption kann das allgemeine spekulative Kunstgeschwätz der Kritik beseitigen und den pädagogischen Irrationalismus unserer Akademien zum Verschwinden bringen." Max Bense: Einführung in die informationstheoretische Ästhetik. Grundlegung und Anwendung in der Texttheorie. Reinbek: Rowohlt 1969, S.8.

            Holm Sundhausen: Experiment Jugoslawien. Von der Staatsgründung bis zum Staatszerfall. Mannheim [u.a.]: B.I.-Taschenbuchverlag 1993, S.116 ff.; Tomislav Sunic: Titoism and Dissidence. Studies in the History and Dissolution of Communist Yugoslavia. Frankfurt am Main [u.a.]; Peter Lang  1995, S.51-68; Leslie Benson: Yugoslavia: A Concise History. Houndsmills, Basingstoke, Hampshire: Palgrave Macmillan 2004, S. 111 - 131

            Vgl. Boris Kelemen in t4, tendencije 4, Ausst. Kat. Zagreb 1968-69 [o.S.], die Beiträge von Marc Adrian, Alberto Biasi und Matko Mestrovic in bit international no.3, 1968, die diese Krise ansprechen und subjektive Erklärungsversuche dafür anbieten sowie jüngst Matko Mestrovic 2004 auf dem Symposium Stuttgart 1960. Computer in Theorie und Kunst. (http://www.akademie-solitude.de/

            siehe Vera Horvat-Pintaric (Hg.): Television Today. Television and Culture. The language of television experiments. Bit International, Bd. 8-9, 1972.

            Vgl. Dubravka Djuric/Misko Suvakovic (Hg.): Impossible Histories. Historical Avant-gardes, Neo-avant-gardes, and Post-avant-gardes in Yugoslavia, 1918-1991. Cambridge, Mass.,London: MIT Press 2003, S.178-183; sowie den Ausstellungskatalog exat 51 & new tendencies avantgarde. Ausst. Kat. Centro Cultural de Cascais, Portugal Mai – Juni 2001; Jesa Denegri/ Zelimir Kosemic: Exat 51. 1951-56. Zagreb: Centar zakulturnu djelatnostsso, 1979.

            So zum Beispiel Julio Le Parc im September 1963 auf dem XII. Convegno Internazionale artisti, critici, studiosi d'arte in Rimini: "Wir wollen beim Betrachter das Interesse wecken, ihn von seinen eigenen Sperren befreien, ihm verhelfen, dass er sich entspannt. Wir wollen seine Beteiligung an Aktionen und Situationen, die er alleine und bewusst verändern und bewegen kann. Wir wollen sein Auftreten in der Interaktion mit anderen Betrachtern. Wir wollen bei hm eine starke Fähigkeit der Perzeption und Aktion entwickeln." Zit. nach Manfredo Massironi: kriticke primjedbe o teoretskim prilozima unutar nove tendencije od 1959. do 1964. godine (=Kritische Bemerkungen über theoretische Beiträge zu NT von 1959 bis 1964); in: Ausst. Kat. nova tendencija 3. Zagreb 1965, S.30. (Übersetzung ins Deutsche von Jelena Kristl)

            Umberto Eco: Das offene Kunstwerk. Frankfurt am Main 1977, S.31: "Die Poetik des >offenen< Kunstwerks strebt, ..., danach, im Interpreten >Akte bewusster Freiheit< hervorzurufen, ihn zum aktiven Zentrum eines Netzwerkes von unausschöpfbaren Beziehungen zu machen, .... " – "Die Bedeutung des subjektiven Anteils bei der Rezeption (die Tatsache, dass seine Rezeption eine interaktive Beziehung zwischen dem Subjekt, das >anschaut<, und dem Werk als einem objektiv Gegebenen impliziert) war – besonders in den bildenden Künsten – auch den Alten nicht entgangen." (S. 32)

            Man kann dies ganz deutlich an den Exponaten der von Frank Popper kuratierten Ausstellung Licht Kunst Licht, 1966 im Stedelijk Museum Eindhoven ablesen.

            Siehe den Text von Josef Albers: Interaction of Color. In: Art News, no. 62, March 1963, S. 33-35, 56-59 sowie Donald Judd: Interaction of Color; in: Arts Magazine, November 1963, 67, 73-75. Es wäre eine gesonderte Untersuchung wert, herauszufinden, woher Albers den Begriff der Interaktion übernommen hatte. Mit wem war er zur damaligen Zeit befreundet und stand in intellektuellem Austausch? Wer unterrichtete beispielsweise zur selben Zeit wie Albers in Yale Soziologie oder Sozialpsychologie?

            Diesen Hinweis verdanke ich Fred Horowitz, Ann Arbor.

            Herbert Blumer: Symbolic Interactionism. Perspective and Method. Englewood Cliffs, N.Y.: Prentice-Hall, Inc. 1969

            Siehe beispielsweise die informativen Werkerläuterungen im Ausstellungskatalog.

            Nicht einmal das sonst so sorgfältig redigierte Historische Wörterbuch der Philosophie verzeichnet den Begriff.

     Siehe zum Beispiel das Buch über Parapsychologie von Edmund Gurney, Frederic W. H. Myers and Frank Podmore: Phantasms of the Living. London, Rooms of the Society for psychical research; Trübner and co., 1886, S. v

            George Herbert Mead: Die Beziehungen von Psychologie und Philologie (1904); Sozialpsychologie als Gegenstück der physiologischen Psychologie (1909); Soziales Bewusstsein und das Bewusstsein von Bedeutungen (1910); alle in ders.: Gesammelte Aufsätze. Bd. 1, Übers. von Klaus Laermann und anderen. Hrsg. von Hans Joas. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1980, S.179,199, 219.

            Edward Alsworth Ross: Social Psychology. An Outline and a Source Book. New York: Macmillan 1908.

            Schmidt, Emerson P. (Hg.). Man and Society. A Substantive Introduction to the Social Sciences. New York: Prentice-Hall, Inc. 1937; siehe auch Herbert Blumer: Symbolic Interactionism. Perspective and Method. Englewood Cliffs, N.Y.: Prentice-Hall, Inc. 1969, S.1

            Rasmussen, Albert Terrill: The implications of the theory of symbolic interaction for the establishment of ethical principles. PH. D. thesis, University of Chicago, 1943.

            Carl-Friedrich Graumann: Interaktion; in: Roland Asanger/Gerd Wenninger (Hg.): Handwörterbuch Psychologie. Weinheim: Beltz 1999, S.325

         Brockhaus Enzyklopädie in zwanzig Bänden. 17., völlig neu bearbeitete Auflage. Bd. 9, Wiesbaden: Brockhaus 1970, S. 168.
Im Ergänzungsband 22 aus dem Jahr 1975 wird der Begriff um die Bedeutung in Biologie und Sozialwissenschaften ergänzt: "Interaktion (Bd. 9), Biologie: die Wechselwirkung von Teilen des Organismus untereinander, bes. im Stadium der Entwicklung; so auch im Zellkern die I. einer Vielzahl von Genen untereinander. Im sozialwissenschaftl. Bereich werden bes. die durch Kommunikation vermittelten wechselseitigen Sozialbeziehungen untersucht, wobei vor allem den sprachl. Prozessen Beachtung zukommt. Im Anschluß an G. H. MEAD werden diese auch als >symbolische I.< bezeichnet. Die Theorie des Interaktionalismus hat besonders im pädagog. Feld Resonanz gefunden und zu Konzepten einer I.-Pädagogik geführt; diese zielt auf Abbau autoritativen Erzieherverhaltens und führt Ansätze der -> Gruppenpädagogik (Bd. 7) fort. Die I.-Pädagogik ist vor allem im Rahmen der Jugendbildungsarbeit und der Erwachsenenbildung von Bedeutung, wobei dem Rollenspiel als Form des sozialen Entscheidungstrainings und der rationalen Konfliktbewältigung besonderes Gewicht zukommt. G. H. MEAD: Geist, Identität und Gesellschaft (a. d. Amerikan., 1968, Tb. 1973); M. ARGYLE: Soziale I. (a. d. Engl., 1972); Symbolische I., hg. v. H. STEINERT (1973, mit Lit.); F. ZÖCHBAUER u. H. HOEKSTRA Kommunikationstraining (1974); J. FRITZ u. a.: I.-Pädagogik (1975)."

            The New Encyclopaedia Britannica in 30 Volumes. Micropaedia, Vol. 5: Hermoup – Lally. Chicago [u.a.]: Encyclopaedia Britannica, Inc. 1974, S. 377

             Söke Dinkla: Pioniere interaktiver Kunst von 1970 bis heute. Ostfildern-Ruit: Hatje Cantz Verlag 1997, S.14.

            J.C.R. Licklider: Man-Computer Symbiosis. In: IRE Transactions On Human Factors in Electronics;: Vol. HFE-1, No. 1, March 1960, S.4. Die Denkweise Lickliders ist typisch für die phantasmatischen Projektionen des US-amerikanischen Militärapparates.

            Nur als Beispiele seien folgende Titel erwähnt: Sonquist, John A./ James N. Morgan: The detection of interaction effects; a report on a computer program for the selection of optimal combinations of explanatory variables, Ann Arbor: Survey Research Center, Institute for Social Research, University of Michigan [1964]; Connelly, John Waldo: Summary of portions of design for a universal classification of information on social interaction for use in electronic computers; [Washington?] c1966.; Melvin Klerer / Juris Reinfelds (Hg.): Interactive systems for experimental applied mathematics; ACM Symposium on Interactive Systems for Experimental Mathematics, Washington, D.C., 1967. New York, Academic Press, 1968.

            1969 fand ein Symposium über Computer Graphics statt: Lawrence K. Grodman (Hg.): Interactive Graphics—Where is the Market? This one-day symposium, conducted by Keydata Institute, ... was held on May 13, 1969, at John Hancock Hall, Boston, Massachusetts. Watertown, Mass., Keydata Corp., 1969 [132 S.]

            Nicholas Negroponte: The Architecture Machine. Cambridge, Mass.: MIT Press 1970, S.101:" ... the interface is the point of contact and interaction between a machine and the 'information environment,' most often the physical environment itself."

            bit international no.3, 1968, S.67

            ebd., S.70

            ebd., S.70

            ebd., S. 76

            Die Ironie des Schicksals will es, dass die mühselig hergestellten mechanischen Konstruktionen der Kinetischen Kunst heute noch weitgehend erhalten sind und  - nach konservierenden Eingriffen – auch noch funktionieren. Von den frühen, interaktiven Programmen ist aber nichts mehr außer einigen Prints, Fotos oder Abbildungen erhalten. Die Programme selbst sind zusammen mit den Geräten und Maschinen verschwunden.

            Vgl. zum Beispiel hier die amerikanische Videogruppe TVTV, die einen dezidierten Ansatz von Gegenöffentlichkeit durch Videosendungen im Fernsehen intendierte.

            Zum Begriff des Sozialphantasmas siehe Slavoj Zizkek: Die Pest der Phantasmen. Die Effizienz des Phantasmatischen in den neuen Medien. Wien: Passagen Verlag 1997 sowie Hans Dieter Huber: Phantasie; in: Hans Dieter Huber, Bettina Lockemann, Michael Scheibel: Visuelle Netze. Wissensräume in Kunst und Wissenschaft. Ostfildern: Hatje Cantz 2004, S. 175 - 216


Hans Dieter Huber