(bisher unveröffentlicht)
Du hast Malerei und Graphik an der Kunstakademie München
studiert. Soviel ich weiß, entstanden Deine ersten Filme und Projektionen
aber unabhängig von diesem Studium. Wie kamst Du dazu, dich mit diesen
neueren Medien künstlerisch auseinanderzusetzen?
Die ersten Arbeiten waren Super-8-Filme, die ich noch in meinem Elternhaus
gemacht habe, im Alter von 16 bis 18. Mein Vater war begeisterter Schmalfilmer.
Er ist viel gereist, er war in Moskau und New York und brachte immer Filme
mit und schnitt sie ziemlich bieder zusammen. Ich war damals in einer sehr
rebellischen Phase und habe mich gegen die Gesellschaft, gegen die Familie
und gegen das Establishment aufgelehnt und habe dann aus einer Antihaltung
heraus das Filmmaterial meines Vaters zerschnitten und neu zusammengesetzt.
Ich habe sozusagen gesellschaftskritische Cut-Ups entwickelt. Das war der
Einstieg in meine künstlerische Arbeit, den ich dann wieder vergessen
habe. Als ich dann an die Kunstakademie kam, waren dort traditionelle Medien
gefragt. Ich ließ mich in Zeichnen, Malerei und Graphik ausbilden
und habe darüber völlig vergessen, daß ich vorher schon
ein ganz interessantes Oeuvre an Experimentalfilmen gemacht hatte. Das habe
ich erst nach der Akademiezeit wiederentdeckt.
In letzter Zeit haben Film- und Diaprojektionen in Deinem Kunstschaffen
weniger Bedeutung. Du setzt dich vermehrt mit Farbpigmenten auseinander.
Auch in der neuesten Arbeit 'The Box' im Landesmuseum in Mannheim hast Du
zwar einen Diaprojektor benutzt, das Wesentliche an der Arbeit aber war
das phosphoreszierende Farbpigment. Wieso dieser Rückzug vom Zelloluid
und damit von der Projektion?
Ich habe um 1988 mit Super-8 aufgehört, einfach weil ich die Nase
voll hatte. Es ist ja einfach ein scheiß Medium. Dauernd geht irgend
etwas kaputt und funktioniert nicht. Die Projektoren sind lichtschwach,
man kann kaum Wechseloptiken bekommen und ähnliche Sachen. Ich hatte
zu der Zeit vieles ausprobiert, was man mit diesem Medium ausprobieren konnte,
und hatte dann einfach keine Lust mehr weiter zu arbeiten, weil ich das
Gefühl hatte, da gibt es nichts mehr, was ich für mich jetzt Neues
noch entdecken könnte. Ich habe dann in einer Gegenbewegung dazu wieder
mehr nach den materiellen Fundamenten dieser Arbeit gesucht. Die ganzen
Projektionen sind ja so immateriell, sie bestehen nur aus Licht, also eigentlich
aus Nichts. Und mich interessierte doch die Physikalität, die materiellen
Träger des Lichts. Über diese Überlegung bin ich zu den Farbpigmenten
gekommen, die ja Licht sehr intensiv reflektieren und von daher die äusserste
Materialität alles Sehens sind. Das hat sich in der Arbeit 'The Box'
mit dem anderen Pol, dem Immateriellen, der Lichtprojektion verbunden.
Was waren für Dich damals die Gründe, daß Du mit neueren
Medien gearbeitet hast?
Zunächst kam dies aus einem Gefühl der Unzufriedenheit gegenüber
den traditionellen Bildmedien wie Malerei und Zeichnung. Es ging mir bei
dem Einsatz von Fotografie, Film und Ton um die Steigerung der Geschwindigkeit
in künstlerischen Arbeiten. Also der Geschwindigkeit zwischen Aufnahme
und Wiedergabe. Dann ging es um Komplexität und um Zeit, um die Zeit,
die man braucht, um etwas zu machen und die Zeit, die man braucht, um etwas
zu sehen oder zu hören.
Wie bewertest Du die Auseinandersetzung mit neuen Medien -Film und
Fotografie zählen wir einmal zu den neuen Medien, obwohl sie über
100 Jahre alt sind - bei Deinen Künstlerkolleginnen und -kollegen?
Oder anders gefragt: Welche Bedeutung haben diese Medien mittlerweile in
der bildenden Kunst?
Es ist typisch für das Kunstsystem, daß es ein sehr traditionelles
System ist, in dem immer wieder gemalt, gezeichnet und geknetet wird. Wenn
man aus diesen traditionellen Medien hinausgeht, dann kommt man sofort aus
dem Kunstsystem heraus. Man gerät in eine Form von Subkultur und in
einen Underground hinein, der wesentlich interessanter ist, als diese langweilige
Hochkultur. Das ist ein wesentlicher Beweggrund für mich gewesen, Anfang
der 80er in diesen Bereich hineinzugehen. Ich habe da auch sehr viel mit
Underground-Musikern und Dichtern zusammengearbeitet. Das waren für
mich tolle Erfahrungen im Gegensatz zu den schlechten Erfahrungen mit traditionellen
Künstlern.
Ich würde sagen, der Stellenwert der neuen Medien heute ist immer noch
sehr marginal. Es gibt kaum Museen, die solche Arbeiten ankaufen. Es ist
nach wie vor so, daß jemand, der mit solchen Medien arbeitet, sich
immer noch am Rande der Subkultur befindet. Das einzige Medium, das es wirklich
geschafft hat, sich zentral zu etablieren, ist die Videoinstallation. Aber
nur als Installation, nicht als Videoband.
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